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foto: EPA/CTK/Rene Volfik

Für die FPÖ ist es fast so etwas wie ein Weihnachtsgeschenk: Innenminister Ernst Strasser hat den Generalinspizierenden der Sicherheitswache, Franz Schnabl, ziemlich überraschend abgelöst - die SPÖ tobt, die Freiheitlichen schweigen mehr oder weniger zufrieden. Der Polizeioffizier ist ein bekennender (wenn auch nicht sehr bekannter) Roter. Für Strasser nicht viel mehr als ein Bauernopfer in seinem Bemühen, die gesamte Sicherheitsexekutive nach seinen Vorstellungen umzuorganisieren.

Dabei spielen mehrere politische Ebenen zusammen: Einerseits versucht Strasser natürlich, dem Innenressort möglichst nachdrücklich seinen Stempel aufzudrücken - organisatorisch (etwa durch die Neugestaltung von Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung), aber auch personell. Sollte die Handlungsanleitung dabei "Rot hinaus, Schwarz hinein" lauten (was Strasser selbstverständlich bestreiten würde), dann würde das im schlimmsten Falle einer recht beschränkten Öffentlichkeit auffallen: Wer kennt schon Herrn Schnabl?

Klar: Bürgermeister Michael Häupl kennt ihn. Und regt sich auf, wenn der Gesinnungsfreund seinen Posten verliert. Jahrzehntelange Erfahrung mit roter Personalpolitik hat die ÖVP allerdings gelehrt, dass man mit dem Anprangern der (mehr oder weniger rechtfertigbaren) Personalentscheidungen im Bereich des politischen Gegners kaum punkten kann. Also: Soll Häupl ruhig toben. Gusenbauer auch. Und wer sonst noch Anstoß nehmen mag an Strassers Entscheidungen. Breite Sympathien sind damit nicht zu gewinnen, das weiß man in der ÖVP.

Und sollte die SPÖ die Personalpolitik im Innenministerium wirklich zum Anlass nehmen, die Koalitionsgespräche mit der ÖVP platzen zu lassen, ist das aus schwarzer Sicht auch nicht weiter schlimm: "Schuld" an einem Scheitern wäre ja doch die SPÖ und nicht der Minister, der einen Wiener Polizeibeamten abgelöst hat.

Das Image, als einzige Partei konstruktiv zu verhandeln, hat sich die ÖVP mit Hartnäckigkeit erworben. Den schwarzen Peter, eine mögliche Koalition platzen haben zu lassen, schiebt sie gerne dem jeweils anderen zu. Umso lieber, wenn dieser andere es ihr auch noch erleichtert.

Wie die Grünen, die sich nach "Lust auf weitere Gespräche" vorläufig wieder zurückgezogen haben.

Oder wie die FPÖ, deren Kärntner Vorzeigepolitiker Jörg Haider am Wochenende in einem Presse-Gastkommentar Spott und Hohn über Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ausgießen durfte: "Schüssel war eben immer schon ein weit größerer Jasager in Richtung Brüssel als ein österreichischer Patriot im positiven Sinn des Wortes. Wer, wenn nicht Schüssel, hat vor der letzten Wahl seine ewigen Kompromisse als Garantieschein für gute Verhandlungsergebnisse angepriesen? Und wer, wenn nicht er, hat genau damit ein Nullergebnis eingefahren?"

Bitteschön, das kann man mit aller Gelassenheit über sich ergehen lassen - aber wann immer sich in der FPÖ statt der konstruktiven Regierungsverhandler doch die Haider-Jünger durchsetzen, dann ist von Anfang an klar, dass eben die Freiheitlichen abgesprungen sind. Obwohl man ihnen zuliebe den Herrn Schnabl so freundlich abserviert hat - aber das zählt in diesem Fall ohnehin nicht.

Die ÖVP kann derweil ganz ruhig ihre politischen Hauptziele - Staatsreform und Sozialreform - vorbereiten und in den Sondierungsgesprächen das eine oder andere Einzelprojekt unter Dach und Fach bringen.

Falls alle Stricke reißen, alle Partner (den schwarzen Peter in der Tasche) abgesprungen sind, dann kann die ÖVP immerhin auf die eine oder andere Übereinstimmung, das eine oder andere konkrete Vorhaben verweisen. Genügend inhaltliche Legitimation, mit der ein Minderheitskabinett Schüssel, dessen Partei ja als einzige "konstruktiv verhandelt hat", sich wechselnde Mehrheiten suchen und einige Reformen im Parlament durchsetzen könnte. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2002)