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Wien - Die Neubesetzung von Schlüsselpositionen in der Exekutive hat nicht nur zu massiven politischen Verstimmungen geführt, sondern auch zu Strafanzeigen gegen Mitarbeiter von Innenminister Ernst Strasser (VP) und Vorwürfen gegen den Minister selbst. Der im Raum stehende Verdacht: Amtsmissbrauch im Sinne des Paragrafen 302 des Strafgesetzbuchs.

Die bei der Staatsanwaltschaft angezeigten Vorwürfe beziehen sich auf die Vorgänge bei Postenbesetzungen im Zuge der Errichtung des Landesamts für Verfassungsschutz in Kärnten und auf die Ablösung des Generalinspektors der Wiener Sicherheitswache, Franz Schnabl.

Schnabl hatte den Posten des Generalinspektors 1999 übernommen. Dem 44 Jahre alten Polizeioffizier wurde - vor allem von der FPÖ - seine Nähe zur SPÖ vorgeworfen, nachdem er in Zivil bei Demos gegen die schwarz-blaue Bundesregierung aufgetaucht war und auf der SPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahlen kandidiert hatte.

Bei der - rechtlich nicht zwingend vorgeschriebenen - Neuausschreibung seines Jobs hatte sich Schnabl fristgerecht beworben und war von der Bewertungskommission am 12. Dezember auch wieder an die erste Stelle für seinen bisherigen Job gereiht worden.

Am 21. Dezember um 10.19 Uhr wurde Schnabl offiziell davon informiert, dass der Minister um 10.30 Uhr einen anderen als Nachfolger vorstellen würde. Minister Strasser hatte Ernst Holzinger, den interimistischen Generalkommandanten der Gendarmerie, vorgezogen. Schnabl vermutet, dass schon bei der Formulierung der Ausschreibung manipuliert wurde: Zuerst war als Anforderung Erfahrung in der "Sicherheitswache", später nur mehr allgemein in der "Sicherheitsexekutive" verlangt worden.

Nach Informationen der SPÖ sei Holzinger von der Kommission als "ungeeignet" abgelehnt worden. Strasser am Samstag: "Ja, ich bin da anderer Meinung." Er bezwecke eine bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Gendarmerie.

Schnabl will Bescheid

Den Verdacht des Amtsmissbrauchs durch den Minister oder dessen Mitarbeiter mag Schnabl im STANDARD-Gespräch nicht kommentieren - "das ist nicht meine Argumentationslinie. Ich werde beantragen, dass man mir einen Bescheid über meine Abberufung ausfolgt und werde diesen mithilfe meines Anwalts bekämpfen." Die Prüfung, ob ein Amtsmissbrauch vorliegt, könne aber "jedermann" durch eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft erwirken.

Politisch läuft vor allem Bürgermeister Michael Häupl Sturm gegen die Ablösung Schnabls. Seine persönliche Vertrauensbasis zur ÖVP sei "erheblich erschüttert". Ein offener Brief Häupls war am Sonntag in Vorbereitung.

Böses Blut ist auch dadurch entstanden, dass der bisherige ÖVP-Kommunikationschef Wilhelm Sandriesser ins Innenministerium wechselt und Vizeleiter der Sektion Ressourcen wird. Vor dem Wahlkampf 1999 arbeitete Sandriesser am Institut für strategische Forschung der Landesverteidigungsakademie.

ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wirft der SPÖ "altes Proporz- und Pfründedenken" vor - im Zuge der Gesamtreform seien ohnehin drei der vier höchsten Funktionen mit SPÖ-nahen Beamten besetzt worden. Aber nicht deshalb, weil sie SPÖ-nahe seien, sondern weil der Minister sie für die bestgeeignetsten Kandidaten gehalten habe: "Nicht die SPÖ ist für das beste Funktionieren des Sicherheitsapparates zuständig, sondern der Innenminister."

Der neue Nationalratspräsident und frühere ÖVP-Klubobmann Andreas Khol meinte in der "Pressestunde" am Sonntag auf die Frage von STANDARD-Kolumnist Hans Rauscher, ob die Postenbesetzung im Innenministerium nicht als Affront gegen die SPÖ verstanden werden müsse: "Wir sollten diese wichtige Regierungsbildung nicht mit Personalfragen koppeln. Man sollte sich den wichtigen Themen stellen." Er glaube nicht, dass Strasser der SPÖ "etwas vor den Latz knallen wollte", sondern dass er den "Korpsgeist" von Polizei und Gendarmerie durchbrechen wollte. (cs, nim/DER STANDARD, Printausgabe, 23.12.2002)