Schweizer Journalisten dürfen interne Dokumente von politischen Parteien veröffentlichen, sofern sie diese nicht mit unlauteren Methoden beschafft haben. Der Schweizer Presserat wies deshalb eine Beschwerde gegen die Westschweizer Tageszeitung "Le Temps" ab. Interne Vorgänge und Konflikte in politischen Parteien seien von öffentlichem Interesse, teilte der Schweizer Presserat am Montag mit. Durch die Veröffentlichung interner Dokumente dürften aber keine anderen wichtigen Interessen beeinträchtigt werden.

"Le Temps" hatte im Juli 2002 Auszüge aus dem Protokoll einer Vorstandssitzung der Genfer Sektion der prokommunistischen Partei der Arbeit (PdA) veröffentlicht. Daraus und aus der Berichterstattung der Zeitung ging hervor, dass die PdA damals von einer heftigen internen Auseinandersetzung erschüttert wurde. Die PdA beschwerte sich daraufhin beim Presserat, "Le Temps" habe mit der Veröffentlichung des Protokolls die Privatsphäre und weitere berufsethische Normen verletzt. Die Zeitung wies ihrerseits die Vorwürfe als unbegründet zurück.

Interessenabwägung

Der Presserat statuiert in seiner Stellungnahme, dass Medienschaffende vor jeder Veröffentlichung vertraulicher Dokumente verpflichtet sind, eine sorgfältige Interessenabwägung vorzunehmen. Im Falle der PdA bestehe indes kein Zweifel daran, dass das Stimmvolk einen Anspruch darauf habe, über wichtige interne Konflikte der Partei informiert zu werden. "Le Temps" habe nur Namen von Vorstandsmitgliedern genannt, die in der Genfer Öffentlichkeit bekannt seien. Außerdem habe die Zeitung das auszugsweise veröffentlichte Protokoll keineswegs verzerrt wiedergegeben. (APA/sda)