Wien - Manchmal dauert es nur ein paar Sekunden, dass ein neuwertiger Gegenstand zur Altware wird. Für den kurzen Zeitraum des Übergangs wird er "Geschenk" genannt. Denn: Schon so manche Tragödie begann mit den weihnachtlich süßlichen Worten: "Ich hab' so an dich denken müssen, als ich das im Geschäft gesehen hab' . . ."

Manche dieser Gegenstände überstehen die Mutation zur Altware unbeschadet - also ohne Wurf an die Wand. Aber dann stellt sich trotzdem die Frage: Wohin nur mit dem Krempel?

In Wien gibt es dafür ein bestechendes Angebot - das man fast schon ein Weihnachtsgeschenke-Entsorgungszentrum nennen könnte: Die Altwarenbörse der Umweltschutzabteilung MA 22 im Internet. Da gibt es den "Infomarkt", einen "Kompostmarkt", einen eigenen "Teddymarkt" und vor allem den "Altwarenmarkt", in dem man kaufen und verkaufen kann.

Hier findet sich einiges, was kürzlich noch auf dem Gabentisch gelegen haben könnte: "Kaffemaschine Melitta Café 10 neu und originalverpackt" zum Beispiel. Oder: "Zitruspresse originalverpackt", "Pflanzen Leuchte Floraset", "Tangram 1B in der neuesten Auflage", "30-bändiges Amerikanisches Lexikon in Englisch", "elektr. Brotschneider für Linkshänder".

Anderes landet hier vielleicht, weil das Christkindl Neues ins Haus brachte. Da wurde vielleicht über (Weih-) Nacht eine "HiFi-Anlage der US-Marke Proton" nicht mehr benötigt. Oder der "Philips CD-Player, kaum gebraucht".

Und wieder anderes könnte gerade während der Feiertage eine fatale Wirkung zeitigen und wird daher besser schnell veräußert. Wie etwa der "Lügendedektor ,Truster' neuwertig mit Rechnung und Beschreibung. Miniformat, daher unauffällig".

Dann aber gibt es Annoncen, die wohl höchstens indirekt etwas mit Weihnachten zu tun haben - aber sie machen neugierig, was da wohl im letzten Moment passiert sei. Vielleicht eine gröbere Weihnachtskrise kurz vor der Hochzeit? Das beginnt so hoffnungsvoll - und endet dann mit einem einzigen, resignativ-traurigen Wort: "Brautkleid, Größe 38, weiße Seide im Laura-Ashley-Stil, sehr elegant und vornehm. Ungetragen". (Roman Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 27.12.2002)