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Die UNO-Inspektoren bei der Arbeit

Foto: Reuters/Kheiber

Bagdad/New York/Paris - Die UN-Rüstungskontrollen im Irak blieben auch am Freitag, genau einen Monat nach ihrem Beginn, offensichtlich ohne Ergebnis. Der Leiter des für die Zusammenarbeit mit den Inspektoren zuständigen irakischen Verbindungsbüros, Hussam Muhammad Amin, sagte in Bagdad, seit der Wiederaufnahme der Inspektionen durch die Unmovic seien 188 Einrichtungen im Irak kontrolliert worden, 32 davon erstmals.

Amin beschrieb die Inspektionen als eindringlich und manchmal aggressiv, aber professionell. Es seien keine Hinweise auf Massenvernichtungswaffen gefunden worden. Eine Evaluation der Untersuchungen durch die Unmovic selbst steht jedoch noch aus.

Für die nächste Zeit ist vermehrt mit Befragungen von irakischen Wissenschaftern und Experten durch die UN-Inspektoren zu rechnen. Amin hatte am Vortag angekündigt, der UNO in den kommenden Tagen eine Liste mit den Namen Hunderter Personen vorzulegen, die an Waffenprogrammen mitgearbeitet hätten. Laut Amin ist es "eine persönliche Entscheidung" der irakischen Experten, ob sie, wenn von der UNO gewünscht, zu den Befragungen aus dem Irak ausreisen würden. Zwingen könne sie der Irak nicht. Er selbst halte die Ausreise aber nicht für "nötig" - was von Beobachtern als Aufforderung an die Betroffenen gewertet wurde, den Irak nicht zu verlassen.

Einzelvernehmungen

Die USA wollen, dass die Inspektoren die zu Befragenden auffordern, sich zu ihrer Vernehmung in die USA zu begeben - auch in Begleitung ihrer Familien -, oder sich zumindest ohne offizielle irakische Zeugen interviewen lassen. Der erste befragte Wissenschafter am Dienstag hatte darauf bestanden, dass bei seiner Vernehmung ein irakischer Offizieller zugegen war. Die Inspektoren können allerdings eine Einzelvernehmung verlangen.

Der 1994 aus dem Irak geflohene Atomwissenschafter Khidhir Hamza sagte dazu laut Washington Post: "Mit einem irakischen Wissenschafter in Anwesenheit eines irakischen Offiziellen zu reden, ist sinnlos, aber wenn man es ohne irakischen ,Minder' tut, bringt man den Wissenschafter in Gefahr." Ein Wissenschafter, der den Irak zur Befragung freiwillig verlassen würde, gälte als Überläufer und brächte damit zurückbleibende Verwandte in Gefahr.

In Europa und in den Vereinten Nationen wachsen angesichts der Kriegsvorbereitungen der USA gegen den Irak die Besorgnis und auch die Kritik. So betonte der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin am Freitag, dass ausschließlich die UNO die Vollmacht habe, "die internationale Gemeinschaft zu mobilisieren". Das internationale Recht müsse Vorrang vor allen Partikularinteressen von Nationen haben. "Frankreichs Position ist ganz klar: Es muss zuerst der Beweis erbracht werden, dass der Irak Massenvernichtungswaffen angesammelt hat. Ist dies der Fall, dann müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Waffen zu zerstören", sagte Raffarin am Freitag in einem Interview.

Der UN-Flüchtlingshochkommissär Ruud Lubbers warnte davor, dass ein Krieg gegen den Irak eine humanitäre Katastrophe auslösen würde. Der UNHCR-Chef erwartet für den Kriegsfall eine riesige Flüchtlingswelle aus dem Irak und viele Tote und Verwundete im Irak. Vorrangige Pflicht sei es, dies zu verhindern, sagte Lubbers in der BBC.

Israelis für den Krieg

So wenig Unterstützung ein möglicher Irak-Krieg in Europa hat, so anders ist das Bild in Israel: Zwei von drei Israelis treten für einen US-Angriff auf den Irak ein, ergibt eine von der Tageszeitung Yediot Aharonot in Auftrag gegebene Meinungsumfrage. Gleichzeitig rechnen 70 Prozent mit einem Zunehmen von Terroranschlägen im Kriegsfall. (Reuters, AFP, AP, guha/DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.12.2002)