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apa/dpa/liu

Wien - Blöd, dass es schneit. Denn würde es nicht schneien, könnte man sehen, dass es eigentlich gar nicht schneien dürfte. Weil nämlich der Himmel blau ist. Und da kann es ja eigentlich nicht schneien. Um das zu kapieren, muss man kein Metereologe sein.

Bloß: Es schneit halt doch. Bei blauem Himmel. Nur sieht den keiner. Schließlich schneit es. Schade eigentlich.

Hätte Gunda Schuller Freitagmorgen zehn Sekunden mehr Sendezeit gehabt, hätte das vermutlich niemand bemerkt. Aber der Wetterdame des Ö1-"Morgenjournals" fehlten diese zehn Sekunden. Und so rutschten Schullers Hörer ein wenig ratlos in den glatteisigen Tag - und fragten sich, was denn, in aller Umweltschutzgruppen Namen, wohl "Industrieschnee" sei. Ebenjener, hatten sie gehört, würde gerade Städtern in Wien und anderswo im Inversionsgebiet auf den Kopf fallen. Aus eigentlich heiterem Himmel - bloß könne den keiner sehen. Weil es ja schneie. Und zwar industriell.

Fallout

Nein, nahm Peter Sterzinger, Leiter des ORF-Hörfunkwetters, wenig später seine Verkünderin mutmaßlich maschinell oder vielleicht sogar von Kinderhand in der Dritten Welt hergestellter Flocken in Schutz, Frau Schuller habe weder gescherzt noch getrunken - sondern bloß zu wenig Zeit gehabt. Auch Umweltalarm sei nicht angebracht: Industrieschnee sei echter Schnee - nur dass er aus bodennahen Wolken fällt: Nebel eben.

So wie jeder Niederschlag brauche auch Industrieschnee Partikel, um von Luftfeuchtigkeit zu sich selbst zu mutieren: "Auch Regen muss sich irgendwo anhalten, um zu entstehen", erklärt der Meteorologe. Und weil in großstädtischer - oder industrieanlagennaher - Luft halt mehr "wovon auch immer" herumschwebe, hieße die oft sehr regional fallende ("Stadtviertel oder Bezirke") weiße Pracht eben Industrieschnee.

Der, so Sterzinger, falle gar nicht oft. Aber wenn, dann aus theoretisch heiterem Himmel. Theoretisch, weil das eben keiner merkt. Weil es ja schneit. Und man den Himmel nicht sehen kann. Den blauen. Aber das hatten wir schon. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2002)