La Coruna - Der vor der spanischen Atlantikküste gesunkene Großtanker "Prestige" wird noch mindestens bis zum Sommer kommenden Jahres eine tickende Zeitbombe für die Umwelt sein. Vorher ist nach Behördenangaben vom Freitag jegliche Bergungsaktion wegen des schlechten Wetters in dem Unglücksgebiet ausgeschlossen. Auch die Menschen in der betroffenen Region werden noch lange unter den Folgen der Ölpest leiden.

Frühestens im Februar sei mit einer Lockerung des weit reichenden Fischfangverbots zu rechnen, hieß es. Die Einbußen für die Fischer in Galicien in den sechs Wochen nach der Havarie des Tankers werden auf fast 25 Millionen Euro geschätzt.

Erst nach den Stürmen im Winter und Frühjahr wird wohl feststehen, ob das restliche Öl aus dem in 3.600 Metern Tiefe liegenden Schiff abgepumpt oder das Wrack einbetoniert werden kann. Ein Abpumpen des Öls aus dieser Tiefe wäre eine Weltpremiere. In den Tanks der "Prestige" befinden sich noch rund 50.000 Tonnen giftiges Schweröl, fast 30.000 Tonnen waren seit der Havarie bereits ins Meer gelangt.

Täglich 150 Tonnen

Aus etwa 30 Lecks strömen nach Schätzungen von Experten täglich weitere 150 Tonnen aus. Das französische Spezial-U-Boot "Nautile", das wegen schlechten Wetters auch am Freitag nicht eingesetzt werden konnte, hat erst fünf der undichten Stellen provisorisch mit Metallplatten schließen können.

An der spanischen Küste wächst derweil angesichts sich drehender Winde die Furcht vor einer vierten Ölflut. Ein riesiger Ölteppich aus rund 4.000 Tonnen Öl befand sich am Freitag aber noch 110 Kilometer vom Festland entfernt. Dennoch wurden mancherorts weiter Ölreste ans Ufer gespült.

Das spanische Agrar- und Gesundheitsministerium starteten unterdessen eine Imagekampagne für Meeresprodukte aus Galicien. Der Fisch und die Muscheln aus den nicht vom Verbot betroffenen Gegenden könnten ohne Bedenken verzehrt werden, hieß es in Madrid. Die Ärztekammer in Galicien machte auf die Gefahr psychischer Schäden für die von der Ölpest betroffenen Menschen aufmerksam. Vor allem die Fischer stünden unter einer enormen seelischen Dauerbelastung.

Sohn von Cousteau dreht Doku-Film

Um derartige Unglücke an der nordwestspanischen "Todesküste" künftig zu verhindern, forderte die galicische Regionalregierung den Bau eines Nothafens in der Küstenstadt La Coruna. Dorthin könnten dann künftig leckgeschlagene Frachter mit Gefahrengut geschleppt werden.

Unterdessen wurde bekannt, dass der Sohn des französischen Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau (1910-1997) einen Dokumentarfilm über den Untergang der "Prestige" drehen wird. Mit dem Streifen wolle Jean-Michel Cousteau auf die Gefahren aufmerksam machen, die von derartigen "Seelenverkäufern" für die Umwelt ausgehen, berichtete die spanische Presse. Zudem sollen die Regierungen dazu bewegt werden, alte Tanker aus dem Verkehr zu ziehen. Im Mittelpunkt des Films sollen die Schäden der Katastrophe für die spanische Atlantikküste und das Leid der Tausenden Fischer stehen, die durch die Ölpest ihre Lebensgrundlage verloren haben. (APA/dpa)