Olga Grimm-Weissert (Paris) und Doris Krumpl holten die Antworten unter einigen österreichischen wie internationalen Players ein.
Angela Baillou, Christie's Österrreich:
Das Jahr war sicherlich geprägt von herausragenden Einzelpreisen. Für österreichische Kunstwerke stehen exemplarisch ein Kabinettschrank von Kolo Moser (180.000 €) und der erfolgreiche Verkauf von Klimt-Blättern aus einer österreichischen Privatsammlung. Die Tendenz, dass Sammler sich immer mehr auf gute Qualität seltener Objekte konzentrieren, hält an. Christie's ist sehr zufrieden mit dem Geschäftsjahr 2002. Gerade in Österreich konnten wir viele neue Käuferkunden dazugewinnen, besonders im Bereich zeitgenössischer Fotografie, Design, Schmuck und Uhren.
Martin Böhm, Geschäftsführender Gesellschafter, Dorotheum: Glücklicherweise ein sehr erfolgreiches Jahr, entgegen den Prognosen und im Vergleich zu Entwicklungen in Deutschland oder Italien. Wir übertrafen sogar das gute Vorjahresergebnis - in einer Zeit, die nicht einfach ist. Das Ziel, Kunst des 20. Jhdts. und der Moderne zu fördern, haben wir erreicht. Die Verkaufsquoten von durchschnittlich über 50 Prozent befinde ich angesichts der aktuellen Marktlage für sehr gut. Unser Vorteil ist, dass wir auf vielen Füßen stehen. Zur neuen Sparte, den Musikinstrumenten, kommen 2003 Asiatika dazu, im Jänner öffnen unsere neuen Dependancen in München und Düsseldorf.
Cyril Cohen, Mitinhaber des Auktionshauses CalmelsCohen, dessen dritter Partner, Frédéric Chambre, im Sommer zum neuen Auktionshaus Pierre Bergé, dem "Macher" von Yves Saint Laurent, überwechselte: "Qualitativ gute Objekte verkaufen sich wie immer unter guten Bedingungen, wie unser Weltrekord vom 14. Juni für Sonja Delaunay, ,Le Marché au Minho' (1915) von 4,6 Mio. Euro beweist." Das speziell auf das 20. Jahrhundert ausgerichtete Auktionshaus war im Jahre 2001 in der Person von Cyril Cohen an der Versteigerung der Sammlung René Gaffé mit modernen Gemälden (bei Christie's) und Stammeskunst, die in Paris versteigert wurde, beteiligt.
Andrea Jungmann, Sotheby's Österreich: Der spektakuläre Rubens-Verkauf aus österreichischer Provenienz (siehe Foto) war etwas, das einem nur einmal im Leben passiert! Der tolle Verkauf der Beck-Sammlung zeigte, dass Dinge doch gefragt sind, wenn sie Qualität und Marktfrische haben. Es gibt nicht weniger Geld, aber es wird anders fokussiert - die ehemaligen E-Commerce-Gewinner sind jetzt etwa ganz weggefallen. Die Nachfrage verengt sich auf wenige, gute Dinge.
Henrik Hanstein, Auktionshaus Lempertz, Köln: Das Jahr 2002 war für Lempertz sehr erfreulich. Der Umsatz war trotz des widrigen politischen und wirtschaftlichen Umfeldes mindestens so hoch wie im Vorjahr. In allen Bereichen, außer Fotografie und Ostasien, hatten wir leichten Zuwachs. Man spürt auch eine leichte Flucht in Sachwerte, die sich dem Finanzminister entziehen. Der Kunstmarkt wird globaler und reagiert deswegen auf die Rahmenbedingungen empfindlich. Die Kunsthändler haben proportional als Käufer weniger mitgewirkt. Wir hatten mehr Kunden aus und in Österreich als in den Jahren zuvor.
Hans Knoll, Vorsitzender des Verbandes österr. Galerien moderner Kunst: Die Krisen auf den Aktienmärkten haben sich auf die zeitgenössische Kunst in Österreich nicht negativ ausgewirkt, im Gegenteil: Die Preise bei hochwertigen Werken und die Verkäufe von junger Kunst sind eher gestiegen. Die Fälschungsgeschichte gegen Ende des Jahres zeigte wieder, dass Galerien die richtigen und einzigen Partner beim Kauf zeitgenössischer Kunst sind, da nur sie Echtheit garantieren durch die direkte und sorgfältige Zusammenarbeit mit Künstlern.
Hervé Poulain, Präsident des Auktionatoren-Zusammenschlusses Syndicat National des Maisons de Ventes Volontaires (SYMEV), Mitinhaber des Auktionshauses Poulain-Le Fur: Ich betone die zwei Verdienste der Versteigerer-Reform nach dem Fall unseres Monopols: erstens die Öffnung für Fremdkapital und die Möglichkeit für Zusammenschlüsse von Versteigerern, zweitens die internationale Marktöffnung, die nach ihrer einjährigen Existenz bereits ihre positiven Auswirkungen auf die Dynamisierung des Pariser Auktionsmarktes zeigt.
Otto Hans Ressler, Wiener Kunst Auktionen: Unser erstmaliges Design-Offert fand hervorragenden Anklang. Insgesamt bot der österreichische Kunstmarkt jedoch ein recht zwiespältiges Bild: Die Rekordpreise belegen, dass sich hohe Qualität trotz der allgemein schlechten Lage der Wirtschaft ganz hervorragend verkaufen lässt. Dem steht gegenüber, dass im mittleren und unteren Preisbereich die Verkaufsrate nicht zufrieden stellend ist. 2003 werden wir einiges ändern: Das Auktionssystem wird ebenso adaptiert werden wie der Stil unseres Auftritts.
Horst Szaal, Präsident des Verbandes österreichischer Kunst- und Antiquitätenhändler: Vom Verkauf her verlief das Frühjahr eher schwächer als der Herbst: Da war die Verbandsmesse in den Palais Ferstel/Harrach besonders gut. Man sieht, dass unsere langjährige Aufbauarbeit Früchte trägt: Wir mussten sogar zehn Bewerber aus Platzmangel ablehnen. Werke des unteren Segments abzusetzen wird zunehmend schwieriger, wogegen besonders seltene und gute Objekte immer sehr leicht zu verkaufen sind. (DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.12.2002)