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apa/gindl
STANDARD : Glauben Sie, dass es tatsächlich passiert ist? Johannes Huber : Ob es sich tatsächlich um das weltweit erste geklonte Baby handelt, muss erst noch bewiesen werden. Doch selbst wenn es heute nicht stimmt, wird es in den nächsten Monaten passieren. Weil es machbar ist und keine große wissenschaftliche Leistung darstellt. Es ist ein technischer Vorgang, unterstützt von ein paar Kunstgriffen. STANDARD : Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Huber : Das Klonen von Menschen ist nur die Spitze eines Eisberges. Unter dieser passieren jenseits der öffentlichen Wahrnehmung derzeit noch ganz andere Dinge, die einen mehr als nur nachdenklich stimmen sollten. Es wird etwa an Chimären geforscht, also an Wesen, für die Menschen mit Tieren gekreuzt werden. Und es wird auch am gläsernen Gehirn gearbeitet, an der Dechiffrierung von Gencodes, die für menschliches Verhalten, Empfinden und Denken verantwortlich sein sollen. Wohin das führen kann, wird sich jeder selbst ausmalen können. In der Büchse der Pandora wartet noch vieles. Klonmenschen sind nur erste Symptome einer kommenden gentechnischen Revolution. STANDARD : Ist die Gesellschaft auf eine solche vorbereitet? Huber : Nein, komplett unvorbereitet. Wir leben in einer Just-for-Fun-Gesellschaft, die sich in der Vergangenheit für derartige Entwicklungen nicht interessiert hat. Hier herrscht ein gewaltiger Nachholbedarf. Vielleicht unterstützen ja Meldungen wie die des vermutlich ersten Klonkindes eine entsprechende Bewusstseinsbildung. STANDARD : Wie beurteilen Sie das menschliche Klonen zu Fortpflanzungszwecken aus ethischen Überlegungen?

Huber: Dazu zweierlei: Es ist unmoralisch im Sinne der Medizin. Niemand weiß, wie es der Mutter ergehen wird. Beim Klonen von Tieren hat man gesehen, dass Muttertiere nach Austragen von Klonschwangerschaften sehr oft an Krebs erkrankt sind. Und niemand weiß, wie es dem Klonkind ergehen wird. Aber auch hier weiß man, dass geklonte Tiere große Probleme in ihrer Entwicklung haben, meist frühzeitig sterben. Ein medizinisches Verfahren anzuwenden, bei dem der Mensch aller Wahrscheinlichkeit nach geschädigt wird, ist abzulehnen. Weiters ist es unmoralisch im Sinne der Evolution. Die Natur hat sich bereits vor Millionen von Jahren von der nicht geschlechtlichen Fortpflanzung verabschiedet. Mit gutem Grund. Damit sich nämlich die Genpools besser durchmischen, eine Anpassung und ein Überleben der Spezies gewährleistet werden. Beim Klonen wird der Rubikon der Natur überschritten. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2002)