Hamburg - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein Jahr nach der größten Währungsumstellung aller Zeiten eine rundum positive Zwischenbilanz gezogen. "Dieses Jahr war ein sehr erfolgreiches. Wir haben die Preisstabilität erhalten", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Tommaso Padoa-Schioppa der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Ich kann Ihnen kein gutes Argument liefern für Leute, die mit dem Euro unzufrieden sind." Der Euro hatte bereits Anfang 1999 in 12 EU- Ländern mit rund 300 Millionen Einwohnern die nationalen Währungen abgelöst, war als Bargeld aber erst in der Neujahrsnacht 2002 in die Portemonnaies der Verbraucher gekommen.

Auf die Frage, ob es der europäischen Wirtschaft ohne den Euro schlechter gehen würde, sagte EZB-Präsident Wim Duisenberg der "Bild am Sonntag": "Ich denke ja." Er hob vor allem die Stabilität der Wechselkurse hervor: "Ich finde es auch bemerkenswert, dass die Wechselkurse zwischen dem Euro und dem Dollar beziehungsweise dem Yen seit einiger Zeit stabil geblieben sind." In der aktuellen Situation hätte es früher ein heute nicht mehr mögliches Chaos bei den Wechselkursen gegeben.

Keine Probleme bei Erweiterung

Probleme auf Grund des in einigen Jahren anstehenden Beitritts neuer EU-Mitgliedsländer zur Währungsunion sieht die EZB nicht. "Die Euro-Zone hat nichts zu befürchten von den neuen Mitgliedern", sagte Padoa-Schioppa. Diese Länder seien im Vergleich zur EU wirtschaftliche Leichtgewichte. Außerdem stünden die Beitrittsländer hinsichtlich ihrer Inflationsraten und ihrer öffentlichen Haushalte im Vergleich zum EU-Durchschnitt gut da.

Wie Millionen von Verbrauchern ärgern sich allerdings auch die Währungshüter über vereinzelte Preistreiber, die die Bargeldeinführung Anfang 2002 ausgenutzt haben. "Wenn ich am Hauptbahnhof in Frankfurt mein Auto parkte, kostete das früher 1 Mark für eine halbe Stunde. Seit dem 2. Januar muss ich 1 Euro zahlen. Das ärgert mich als EZB-Präsident natürlich auch." Viele Dinge seien aber nicht teurer, manche Güter sogar billiger geworden. "Unterm Strich hat die Euro-Einführung Güter und Dienstleistungen um höchsten 0,2 Prozent verteuert." Das Problem von Preiserhöhungen gebe es nicht nur in Deutschland. "In vielen Ländern im Euro-Raum war die gefühlte Inflation viel höher als die tatsächliche."

Unterdessen haben sich aber selbst die Währungshüter noch nicht ganz an den Umgang mit dem neuen Geld gewöhnt. Manchmal rechne selbst er beim Einkaufen noch von Euro in Gulden um, sagte Duisenberg. "Warum auch nicht? Das ist doch ganz natürlich." Es gebe in Frankreich heute noch viele Leute, die in alte Francs aus den 60er Jahren umrechnen würden. "Aber das gibt sich mit der Zeit. Meine Enkelkinder haben fast schon vergessen, dass es noch vor einem Jahr den Gulden gab." Auch Bundesbankpräsident Ernst Welteke muss knapp ein Jahr nach der Einführung des Eurobargeldes noch gelegentlich zum Rechner greifen. "Ich gebe zu, dass ich mich auch noch nicht voll an den Euro gewöhnt habe", sagte Welteke am Samstag im Norddeutschen Rundfunk. Er rechne zwar längst nicht mehr alles um, "aber einiges schon, ab und an".

Nach entsprechenden Vorschlägen unter anderem aus den Niederlanden und Italien erwägt die EZB die Einführung von 1- und 2-Euro- Banknoten. "Ich habe einen Brief vom italienischen Finanzminister erhalten, der dafür plädiert hat", sagte Duisenberg. "Wir untersuchen derzeit das Für und Wider dieses Vorschlags. Wir sind grundsätzlich offen dafür." Die Einführung zusätzlicher Banknoten bedürfte nach Duisenbergs Einschätzung allerdings jahrelanger Vorbereitung. Bisher gibt es sieben Euro-Banknoten in Stückelungen von 5 bis 500 Euro. (APA/dpa)