Wien - Mit dem Beitritt osteuropäischer Länder in die Europäische Union wird sich die Art, wie Investitionen in die Informationstechnologie durchgeführt werden, massiv ändern. Die österreichische S&T, ein ausschließlich in Osteuropa tätiger Systemintegrator, bemerkt schon seit einiger Zeit, "dass sich die Weltbank zurückzieht", wie es Karl Tantscher, CEO von S&T, formuliert. Verstärkt auf den Plan treten die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sowie die Europäische Investitionsbank (EIB), die die Finanzierungen begleiten, sowie die für die EU typischen Projektförderungen, durch die auch der IT-Infrastrukturaufbau mitfinanziert wird.

Dabei sind es vor allem staatliche Organisationen in Osteuropa, die einen großen Nachholbedarf haben und die mithilfe von Informations- technologie ihr Kommunikationswesen auf EU-Stand bringen müssen. Beispiele: Das Passwesen muss EU-kompatibel gestaltet, die Polizei vernetzt und das Firmenregister nach EU-Vorgaben vereinheitlicht werden.

Nach Untersuchungen des European Information Technology Observatory (Eito) liegen trotz massiver Investitionsanstrengungen in den letzten zehn Jahren die Ausgaben für IT noch weit hinter denen in Westeuropa. Nur Tschechien, Ungarn und die Slowakei haben es geschafft, ihre IT-Investments dem EU-Niveau anzunähern. Die Eito prognostiziert darum hohe Zuwachsraten in die- sen Bereichen für die ganze Region.

Private Investitionen

Bereits voll in Schwung gekommen ist das Geschäft in der Folge von Firmenakquisitionen durch internationale Investoren. "Diese Zukäufe müssen auch technologisch schnell in die Konzerne integriert werden", erklärt Tantscher.

Dabei zeigt sich, dass die traditionell sehr guten naturwissenschaftlichen Ausbildungen an den Universitäten in Osteuropa zu vielen Firmengründungen im Bereich Software, Computerinstallationen und Telekomdienstleistungen geführt haben, auf die Firmen wie S&T oft projektbezogen zurückgreifen. Walter Joos vom Wiener Beratungsunternehmen Trust Con- sult beobachtet dabei das Phä- nomen, dass viele ehemals ausgewanderte Topmanager in ihre Heimat zurückkehren und ihr im Ausland erworbenes Know-how einbringen.

Vorteilm durch späten Einstieg

In vielen Ländern sind Mobilfunk und Datendienste bereits jetzt auf einem hohen Stand. Das Beratungsunternehmen Arthur D. Little schätzt, dass in diesen Bereichen in Zentral- und Osteuropa heuer 6,3 Mrd. Euro umgesetzt werden - bei doppelt so hohen Wachstumsraten wie im Durchschnitt der EU-Länder.

Als Vorteil kristallisiert sich dabei der relativ späte Einstieg in die Mobiltelefonie heraus, wodurch von Anfang an in neuere Technologien wie dem Datenfunk GPRS investiert wurde. Die Mobilfunkdurchdringung in diesen Ländern ist hoch. Der stagnierende Ausbau des Festnetzes allerdings bringt es mit sich, dass nur wenige Privathaushalte über einen Internetanschluss verfügen. (Johanna Ruzicka, Der Standard, Printausgabe, 31.12.2002)