Wer Spitzenpolitiker nach ihren guten Vorsätzen fürs neue Jahr fragt, bekommt meist stereotype Antworten: "Mehr Zeit für die Familie" ist eine davon. Wie könnten die wahren Silvesterwünsche lauten? Fangen wir "ganz oben", beim Herrn Bundespräsidenten, an. "Diesmal setz' ich mich aber durch", ist mit hoher Wahrscheinlichkeit sein innigstes Sehnen angesichts knallender Champagnerkorken - und einer noch nicht gebildeten Regierung. (Logischer nächster Gedanke: "Nicht vergessen: in den nächsten Tagen gleich Dichand und Häupl anrufen.") Und der Bundeskanzler? Keine Frage, der denkt in aller Unbescheidenheit gleich drei Silvester weiter: So lange nimmt er sich vor, Kanzler zu bleiben. Mindestens.

Unschwer lassen sich auch die Wünsche des derzeitigen FP-Chefs erraten (harte Frage für die Millionenshow: Wer ist es gerade?): "Lieber Gott, Pardon: Jörg, lass mich noch vier Jahre lang Sozialminister bleiben. Dein Herbert Haupt."

Diffizile Pläne hat wohl Alfred Gusenbauer: Das Jahr 2003 soll ihm eigentlich den Vizekanzler bringen. Aber gleichzeitig möglichst wenig Zores mit der eigenen Partei (manchmal könnte einem ja als SPÖ-Chef der Schüssel direkt sympathischer als der Herr Sallmutter sein). Und immer daran denken: nie den Häupl allzu lang aus den Augen lassen, damit der nicht Parallelverhandlungen mit der ÖVP führt.

Klar auf der Hand liegen auch die guten Vorsätze Alexander Van der Bellens: weniger rauchen, schneller reden und in Deckung gehen, wenn ÖVP-Politiker vom "Charme" einer schwarz-grünen Koalition reden. Das will vielleicht die Grün-Wählerschaft, aber nicht die Parteibasis. Noch mehr Zahn- und sonstige Schmerzen als im November kann sich der Herr Professor einfach nicht mehr erlauben. Also dann: Gutes neues Jahr! (DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2002/1.1.2003)