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Foto: Reuters/Juda Ngwenya

Ein neuer Besen ist er nicht gerade, der frisch gekürte und umjubelte Präsident Kenias. Dennoch hat der 71-jährige Mwai Kibaki versprochen, das Land radikal auszukehren, mit den Missständen Schluss zu machen, für die sein Vorgänger, Langzeitpräsident Daniel arap Moi, verantwortlich zeichnet. Kenia stöhnt unter Korruption, unter einem wirtschaftlichen Verfall, der seinesgleichen in der Geschichte des Landes sucht. "Warum soll ich mir einen Anwalt nehmen, wenn ich den Richter kaufen kann", lautet ein geflügeltes Wort in Nairobi, heute wegen überbordender Kriminalität eine der gefährlichsten Städte der Welt.

Doch einer wie Kibaki lässt sich von schlechten Vorzeichen nicht beirren, Durchhaltevermögen bis hin zur Sturheit zeichnet den bisherigen Lebensweg des promovierten Wirtschaftsexperten aus. Schon in der Volksschule, die er in seinem Heimatdorf Gatuyaini an den Hängen des Mount Kenia (stolze 5200 Meter hoch) verbrachte, fiel der kleine Mwai durch Klugheit und unbeugsamen Charakter auf, erzählen seine Lehrer.

Nach einem Abschluss an der London School of Economics lehrte der Ökonomieprofessor Kibaki in Uganda, als Jomo Kenyatta, Kenias erster Präsident, ihn Anfang der Sechzigerjahre zum Aufbau des Landes heimholte.

Kibaki, der dem Mehrheitsvolk der Kikuyu angehört, arbeitete an der Verfassung mit, wurde Finanzminister in Kenias goldenen Zeiten, als die Wachstumsraten über die zehn Prozent sprangen. Und er war später unter Daniel arap Moi zehn Jahre lang Vizepräsident.

Kein Zweifel also, dass Kibaki Zeuge des "Land-Grabbing" geworden ist, mit dem auch Kenyatta seine Familie zu einer der reichsten des Landes gemacht hatte: Land der zehn Millionäre und zehn Millionen Armen, sagte man über Kenia. Doch der vierfache Vater, der trotz einer schwer nachvollziehbaren Vorliebe für warmes Bier sein Image als grundgemütlicher Bursche pflegt und dafür von der Regenbogenpresse geliebt wird, orientierte sich neu und gründete eine eigene Partei, mit der er den Mächtigen ans Leder rückte. Eine der Grundthesen Kibakis lautet, dass allein eine Strafverfolgung von Korruption eine wirtschaftliche Wende bringen könnte: 1,6 Mrd. Euro würde durch eine saubere Steuereintreibung in die Staatskasse fließen, 860 Mio. Euro soll die Austrocknung der Korruption bringen.

Der leidenschaftliche Golfspieler Kibaki wird sein Durchhaltevermögen dringend benötigen: Mindestens ein bis zwei Jahre wird er brauchen, um den kenianischen Sumpf auszutrocknen. "You can't bwogo me", lautete sein Wahlkampfsong. Bwogo, ein Wort aus der Luo-Sprache, heißt übersetzt etwa biegen, brechen. Und genau diese Standfestigkeit erwarten seine begeisterten Fans von ihm. (Gerhard Plott/DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2002/1.1.2003)