Der scheinbar grundlose Suizid eines 13-jährigen Schülers im steirischen Stiftsgymnasium Admont verdeutlicht ein häufiges Problem bei Selbstmorden: Sie werden angekündigt, aber die Warnzeichen nicht registriert. Gespräche können Leben retten, sind Experten überzeugt.
"66 Prozent aller Jugendlichen sind fälschlicherweise noch immer davon überzeugt, dass jemand, der einen Selbst- mord ankündigt, diesen nicht durchführt", berichtet der Wiener Jugendpsychiater Max Friedrich über die Rohdaten einer neuen Studie zur Thematik. "Dazu kommt das Problem, dass diese Ankündigungen häufig maskiert sind", warnt er. Sätze wie "Der dritte Weltkrieg kommt sowieso sicher, und dann ist alles aus" sollten daher die Alarmglocken schrillen lassen.
Hilfe bei Mitschülern
Friedrich ist überzeugt davon, dass es diese aktiven Warnzeichen vor jedem Suizid gibt. Hinweise auf Probleme können aber auch Verhaltensänderungen sein: Der Jugendliche kapselt sich ab, verliert Interessen an Hobbys oder Ähnliches. Wichtigstes, aber zu selten angewandtes Mittel ist das Gespräch mit dem Betroffenen, um die Hintergründe abzuklären. Gerade Mitschüler sollten diese Botschaften ernst nehmen und sich im Zweifelsarzt an den Schularzt oder Schulpsychologen wenden.
"Die Schule hat bei der Problematik einen ganz großen Anteil", führt Friedrich weiter aus. Im aktuellen Fall in Admont, wo es innerhalb eines halben Jahres zu zwei Selbsttötungen von Schülern gekommen ist, wünscht sich der Experte eine unabhängige Untersuchungskommission. "Man müsste sich das gesamte Umfeld ansehen. Gab es beispielsweise Mobbing oder autoritäre Strukturen in der Schule", fragt sich Friedrich.
Keine aktuellen Zahlen
Franz Sedlak, Leiter der Abteilung Schulpsychologie im Bildungsministerium, sieht dafür keinen Grund. "So tragisch der Fall ist, aus dem Umstand, dass der Bub Schüler war, kann man noch kein generelles Problem des dortigen Standortes ableiten. Es gibt zwar keine aktuellen Zahlen über Selbstmorde an Schulen, aus früheren Jahren weiß ich aber, dass die Anzahl relativ konstant blieb", berichtet Sedlak.
Grundsätzlich sieht auch der Beamte das Gespräch als besten Weg zur Krisenbewältigung. Wobei ihm jedoch eine "Stärkung der Kompetenz vor Ort" vorschwebt. Die Klassengemeinschaft sollte sich um die Betroffenen kümmern und Auswege aus Krisensituationen erarbeiten, wenn nötig mithilfe von speziell geschulten Lehrern. Unterstützung kann dabei auch von den Schulpsychologen kommen.(Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe 18.1.2003)