... dass er "wieder da" ist? Dass unser geliebter Landeshauptmann den Kärntnern der Stirn und der Faust jetzt wieder ganz zu Verfügung steht, nachdem er kurz weg war, ohne dass sie recht zu fragen wagten, wo er sei - aus lauter Angst, er könnte sie vergessen und sich endgültig der gerechten Sache Saddams angeschlossen haben? Die Erleichterung war groß, und das Ehrenkreuz der österreichischen Kunst und Wissenschaft widmete ihm in der "Presse" einen Leitartikel, in dem es gestern unter dem Titel Haiders Rückkehr hieß: Für viele ist es in einem automatischen Reflex prinzipiell undenkbar, aber dennoch gilt: Auch ein Jörg Haider hat bisweilen mit seinen Ideen recht.

Dazu brauchte es für Unterberger nicht mehr, als ein paar alte Hüte hervorzuholen, wie, das Amt des Bundespräsidenten sei abzuschaffen und 100 Abgeordnete statt 183 täten es auch, denn: Zum Unterschied von früheren Jahrzehnten ist das Hohe Haus längst keine Bühne mehr, auf der sich neue Talente in den Vordergrund spielen können. Abgesehen davon, dass das kein Argument für eine Verkleinerung, sondern eher für eine Verbesserung des Nationalrates wäre, hat sich aus der Fülle begnadeter Talente, die in früheren Jahrzehnten das Land beglückten, so gut wie keines auf der Bühne des Parlaments in den Vordergrund gespielt. Das taten die Talente lieber in Parteien und Bürokratien, in Kammern und Gewerkschaft.

Eine der wenigen Ausnahmen ist übrigens Jörg Haider, der sich als viel versprechender Jungparlamentarier so lange in den Vordergrund spielte, bis seine innerparteilichen Gegner ihn genervt nach Kärnten abschoben, von wo er sie dann im Hintergrund verschwinden ließ. Seit damals glaubt er zu wissen, welch ein Hort der Gefahr ein Nationalrat sein kann, in dem zu viele Talente sitzen. Aber so sehr muss man diese auch nicht fürchten, dass man ihre Reduktion von 183 auf 100 mit einer Staatsreform verwechselt.

Haiders Rückkehr in die "Presse" hatte aber schon am Samstag stattgefunden, wo er sich unter dem qualligen Titel Strategie der Hybris und unter Berufung ausgerechnet auf Günter Grass vordergründig für seinen guten Freund Saddam, tatsächlich aber für seinen besten Freund einsetzte. Hatte der Nobelpreisträger in einem Artikel über die Hybris der Regierung Bush doch genau genommen die Feinde des Bärentalers gemeint: Er zeigt damit darüber hinaus, wie das Instrument des politischen Feindbildes funktioniert, das auch in Österreich zur Anwendung kommt. Die Haider-Jagd - nicht nur - in Sachen Irak ist ein Beispiel dafür. Wie Unterberger so richtig sagt: Auch ein Jörg Haider hat bisweilen mit seinen Ideen recht.

Nur das Fähnlein der Ewiggestrigen, das sich um Andreas Mölzers "Zur Zeit" schart, ist davon noch stärker überzeugt als der Chefredakteur der "Presse". Für sie ist das eine Frage der Ehre. Ehre ist, wie alle Welt weiß (und täglich aufs schmerzlichste bestätigt bekommt) keine politische Kategorie, schwadronierte da jüngst einer zu Zustand und Zukunft der Freiheitlichen. Weshalb die Frage von Haiders Comeback mit Politik nur am Rande zu tun hat. Es ist eine Frage der Ehre. Da kennt der Germane keine Würschtln: Also Ehrenrettung der Partei. Oder sie wird - an sich eine passable Alternative - als ehrlose Partei dem Vergessen anheim fallen. Und nur eines kann das verhindern. Jörg Haider muß zum Ehrenobmann auf Lebzeiten ernannt werden. Mit unbegrenztem Einspruchsrecht. Bei dieser Ehrwurzen muss es sich um einen Fan der großen Koalition handeln.

Und Andreas Mölzer persönlich leistete einen freiheitlichen Beitrag zum Wahlkampf in der europäischen Kulturhauptstadt, indem er Graz vorwarf, Kultur-Blasen in der Provinz zu werfen. Die Veranstaltungen seien eine Mixtur aus grellem Kulturpopulismus mit Feuerwerk und kitschigen Beleuchtungen aus sinnloser Architekten-Selbstbefriedigung. Damit erweist sich die einstige "Stadt der Volkserhebung" heute offenbar als "Stadt der Volksverblödung".

Früher war eben alles besser. Aber, gottlob: Darüber hinaus findet der Besucher - gottlob - das ganz gewöhnliche Graz vor, eine gotische Altstadt mit einer Dächerlandschaft, die zum Weltkulturerbe zählt, das Renaissance-Landhaus, die Waffensammlung des Zeughauses, die überzeugend klar macht, daß hier ein Bollwerk des alten heiligen Reiches gegen den Osten, gegen den Islam existierte, die südlichste deutsche Universitätsstadt mit ihrem Treiben und Denken. Eine Stadt, die auch durch allzu zeitgeistigen Aktionismus nicht verhunzt werden kann.

Und damit klar ist, wes Lied der "Krone"-Kolumnist Andreas Mölzer noch singt: Das einzige Projekt, bei dem kunsthistorisch gesicherte Weltkunst gezeigt worden wäre, bei der Präsentation der Sammlung der Malerei der klassischen Moderne von Hans Dichand, hat sich bereits im Vorfeld zerschlagen. Zufall? Doch nicht in der Stadt der Volksverblödung.
(DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2003)