SP-Klubchef Cap: Chancen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen "50:50"

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Wien - Die SPÖ dürfte sich heute Abend auf einer Präsidiumssitzung für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP aussprechen: "Meine Meinung ist, man sollte so ein Reformprojekt angehen", erklärte Parteichef Alfred Gusenbauer vor Beginn der Besprechung. Zunächst möchte er sich allerdings noch die Einschätzungen seiner Präsidiumskollegen anhören. Ebenfalls zu Koalitionsverhandlungen tendieren Frauenchefin Barbara Prammer, Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl sowie die niederösterreichische Landeschefin Heidemaria Onodi. Skepsis gibt es weiter in Kärnten.

"Wechselseitige Ungeduld"

Gusenbauer sagte, seiner Meinung nach wäre es gut für Österreich, wenn in den kommenden vier Jahren große Reformen durchgeführt würden. Man könne die Probleme nicht immer vor sich herschieben. Die Frage sei nur, ob die ÖVP zu so einem Projekt bereit sei. Zum Klima der Sondierungsgespräche sagte Gusenbauer, an manchen Tagen sei es besser gegangen, an anderen schlechter. Es sei bei dieser Art der Gespräche aber verständlich, wenn die wechselseitige Ungeduld steige.

Niederösterreich und Burgenland dafür

Deutlich für weitere Verhandlungen mit der Volkspartei sprach sich Onodi aus. Es gebe ihrerseits "ein grundsätzliches Ja", wenn die SPÖ der einzige Verhandlungspartner der ÖVP sei. Auch Prammer meinte, die Ergebnisse ihrer Sondierungsgruppe "sprechen dafür, sich auf Regierungsverhandlungen einzulassen". Ähnlich Burgenlands Landeshauptmann Niessl: "Was meine Gruppe betrifft, neige ich dazu, Regierungsverhandlungen zu führen". Fischer meinte, er wolle zwar eine sachliche Entscheidung nicht vorweg nehmen, habe aber "ein gutes Gefühl". Die SPÖ habe in letzter Zeit sehr sachlich gearbeitet und eine Reihe von Reformüberlegungen vorgeschlagen. Nichts Neues gab es dagegen von Kärntner Landesparteichef Peter Ambrozy, der sich zuletzt kritische zu einer Zusammenarbeit mit der ÖVP geäußert hatte: "Meine Meinung habe ich öffentlich kundgetan, jetzt warten wir die Sitzung ab", meinte Ambrozy knapp.

Der zuletzt skeptische oberösterreichische SP-Chef Erich Haider blieb unmittelbar vor der Sitzung bedeckt. Für ihn gehe es darum, ob eine gute Politik für die Menschen in Österreich möglich sei oder der Sozialabbau weiter gehe.

Keine Einschätzung wollte auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl abgeben: "Welche Meinung ich habe, sage ich den Freunden direkt". Ähnlich das Statement des Vorsitzenden der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter Rudolf Nürnberg: "Wie soll ich das im Vorhinein wissen", meinte er befragt nach dem Ausgang der Sitzung. Zu seinen persönlichen Referenzen meinte er: "Das werde ich in der Sitzung sagen und nicht jetzt".

Keinen Zweifel an ihrer Einstellung ließ eine handvoll Vertreter der sozialistischen Jugend, die vor dem Seminarhotel in Wien-Meidling ein Transparent entrollten: "Weil wir sonst draufgehen, Opposition jetzt" stand da zu lesen. Außerdem verlasen die SJ-Vertreter die Namen von Ortsparteichefs, die ebenfalls gegen eine große Koalition aufgetreten sind. (APA)