Wien - Beratungsstellen und Unterstützung für Gewaltopfer gibt es mittlerweile in ganz Österreich. Hilfe wird allerdings auch den Tätern angeboten - und zwar in Form eines Anti-Gewalt-Trainings, das in Wien seit 1999 existiert. Gewalt in der Familie sei ein Wiederholungsdelikt schlechthin, die Schwere und Häufigkeit nehme mit der Zeit zu, so Heinrich Kraus von der Männerberatung Wien im APA-Gespräch. Daher sei es wichtig, auch mit den Tätern zu arbeiten.

Gewalt als letzte Möglichkeit

Sein Bericht über die Arbeit mit aggressiven Männern beginnt mit einer eher ernüchternden Aussage. "Gewalt kann man nicht verlernen, Gewalt hat ja auch einen biologischen Hintergrund", erklärte er. Darum gehe es allerdings auch gar nicht. "Männer greifen zu Gewalt als letzte Möglichkeit", so Kraus. Ziel sei es daher Verhaltensalternativen aufzuzeigen und mit ihnen Bewusstsein für ihre Handlungen zu entwickeln. "So dass Gewalt im Endeffekt überflüssig wird", meinte der Experte.

Die Frage, ob es eine "Heilung" gibt, sei schwer zu beantworten, erklärte der Experte. "Ich gehe davon aus, dass der Großteil, der bei uns abschließt, gewaltfrei bleibt." Wissenschaftliche und internationale Untersuchungen fehlen allerdings: Laut einer Studie aus Schottland kommt es bei 33 Prozent von Teilnehmern eines Anti-Gewaltprogramms zu einer langfristigen Verhaltensänderung. In Wien gibt es nach der Absolvierung von 30 Sitzungen eine Nachbetreuung.

Einsicht als Voraussetzung für Teilnahme

Wichtig für das Endergebnis sei immer die Ausgangssituation, betonte Kraus. Bei Klienten die zum ersten Mal gewalttätig geworden sind, gebe es klarerweise einen anderen Erfolg, als bei Männern mit zehn gewaltbezogenen Vorstrafen. Grundvoraussetzung für eine Teilnahme sei eine minimale Einsicht der Täter, erläuterte Kraus. Manche Männer kommen "freiwillig" auf Druck der Partnerin, etwa zwei Drittel werden von der Justiz und dem Jugendamt zugewiesen.

Pro Jahr werden von der Einrichtung ca. 100 Täter im Anti-Gewalt-Training betreut. Schwierig dabei sei vor allem die Motivation für das etwa acht Monate dauernde Programm. Es gebe eine hohe Abbruchquote von bis zu 50 Prozent. Vor allem freiwillige Teilnehmer geben leicht auf, so Kraus. Um dem vorzubeugen, wurde eine Abklärungsphase eingeführt, in der die Eignung der Männer für das Programm untersucht wird. Bei mangelnder Einsicht, andauernder Gewalt und großer Gefährlichkeit, erfolgt keine Aufnahme. Geleitet werden die Gruppen gemeinsam von weiblichen und männlichen PsychologInnen.

Das Durchschnittsalter der Klienten liegt bei 36 Jahren, die Bandbreite erstreckt sich vom 19-Jährigen bis hin zum Pensionisten. Der Großteil (42 Prozent) lebt mit der Partnerin und Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Knapp ein Viertel wohnt allein. Mehr als die Hälfte hat als Kind selbst Gewalt von der "gsund'n Watschn" bis zum Nasenbeinbruch durch eine nahe Bezugsperson erlebt. Gegen 71 Prozent der Klienten wurde zumindest einmal bereits ein Betretungsverbot ausgesprochen.

Mangelnde Finanzierung

Das Geld für das Programm kommt - zumindest bisher - aus dem Innenministerium. Die Finanzierung für das kommende Jahr stehe allerdings auf wackligen Füßen, so Kraus. Immer wieder gebe es für Freiwillige einen Aufnahmestopp, da man sonst in Arbeit ersticke. (APA)