Wien - Unternehmen können ihren Führungskräften auch ohne Notar Unternehmensanteile als Leistungsprämie versprechen. Das Oberlandesgericht Wien erteilte nun der Notariatsaktspflicht für die Übertragung von GmbH-Anteilen eine Absage, sofern es sich um eine arbeitsrechtliche Mitarbeiter-Beteiligung handelt (8 Ra 127/02h vom 16. 5. 2002).

Für die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen sieht das Gesetz zwingend die notarielle Beurkundung der Übertragungsvereinbarung vor. In seiner Entscheidung schafft das OLG Wien hiervon eine Ausnahme: Demnach ist nur die Übertragung eines GmbH-Anteiles durch einen Gesellschafter notariatsaktspflichtig - nicht jedoch die Veräußerung eines Geschäftsanteiles durch die GmbH selbst.

Im konkreten Fall waren einem Dienstnehmer einer GmbH im Dienstvertrag Firmenanteile versprochen worden, wenn bestimmte Voraussetzungen erreicht würden. Als die vereinbarten Bedingungen eingetreten waren, überlegte es sich der Dienstgeber anders. Die GmbH berief sich nun darauf, dass der Vertrag nicht in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen worden war. Außerdem sei die Vereinbarung unmöglich zu erfüllen und daher ungültig, da die GmbH ja gar keine Anteile an sich selbst besitze, die sie übertragen könnte.

Diese Ausflüchte ließ das OLG Wien aber nicht gelten: Verspricht nämlich nicht ein Gesellschafter, sondern die Gesellschaft selbst einem Dienstnehmer einen GmbH-Anteil, so ist dieses Versprechen auch ohne Beiziehung eines Notars wirksam.

Auch dass die GmbH gar keine eigenen Anteile an sich selbst besitzt, die sie übertragen könnte, stellt laut Oberlandesgericht Wien kein Problem dar: In diesem Fall ist die GmbH eben verpflichtet, sich um die Bereitstellung eines GmbH-Anteils für den Dienstnehmer zu bemühen.

Schadenersatzpflicht

Selbst dann, wenn die Schaffung eines Anteiles für den Dienstnehmer endgültig nicht gelingt, weil die Gesellschafter ihre dazu erforderliche Mitwirkung verweigern, bleibt die Vereinbarung gegenüber dem Dienstnehmer weiterhin aufrecht. Statt der Übertragung von Firmenanteilen kann der Dienstnehmer von der GmbH dann eben Schadenersatz verlangen.

Die vorliegende Entscheidung ist damit ein Meilenstein in der Fortentwicklung der Rechtsstellung von Führungs-und Spitzenarbeitskräften. (DER STANDARD, Printausgabe 28.1.2003)