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Frauenbeschäftigungsquote und Fruchtbarkeitsrate im Ländervergleich
APA/G. Käfer

Kinder zu haben und berufstätig zu sein – das muss kein Widerspruch sein. Allerdings nicht in Österreich, hier haben es Frauen immer noch viel schwerer als in anderen Ländern, Berufstätigkeit und Mutterschaft zu vereinbaren. Das ist das Ergebnis der OECD-Studie "Babies and Bosses", die am Donnerstag in Berlin präsentiert wurde.

"Österreich hat an und für sich ein logisches System bei der Kinderbetreuung. Es ist jedoch darauf ausgerichtet, dass Mütter während der ersten drei Lebensjahre eines Kindes zu Hause bleiben, da die finanziellen Anreize diesbezüglich sehr stark sind", sagt Studienautor Willem Adema zum Standard. Auch danach sieht es oft nicht besser aus: "Weil Kindergärten auf dem Land nicht so lange offen haben, sind Mütter gezwungen, oft schlecht bezahlte Teilzeitjobs anzunehmen."

Österreich liegt nicht nur bei den Kinderbetreuungsangeboten für die unter Dreijährigen unter dem OECD-Schnitt, sondern auch bei der Fruchtbarkeitsrate. Diese beträgt im OECD-Schnitt 1,6 Kinder pro Frau, in Österreich sind es hingegen nur 1,4.

"Desaströse" Effekte

Auf den ersten Blick scheinen Familienleistungen sinnvoll zu sein, meint Adema. Aber langfristig betrachtet seien die Effekte "desaströs, weil sie die Anreize zur Arbeitsaufnahme zerstören". Die Folge: ArbeitgeberInnen schrecken vor der Einstellung von Frauen zurück oder investieren weniger in deren Karrieren, als dies bei den männlichen Kollegen der Fall ist. Wenn aber so viele Frauen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, dann habe das nicht nur Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Pensionssystem eines Landes, sondern auch auf die finanzielle Situation von Familien selbst. Adema: "Wenn Vater und Mutter arbeiten, beträgt das Armuts-Risiko für Kinder 15 Prozent. Arbeitet nur ein Elternteil, dann erhöht sich die Gefahr, dass Kinder in Armut leben auf mehr als 30 Prozent."

Fruchtbares Island

Die OECD-Studie zeigt auch eine deutliche Trendumkehr. Während 1980 die Fruchtbarkeit dort am höchsten war, wo Frauen ihre Kinder zuhause betreuten, ist es nun genau umgekehrt: Kinder werden dort geboren, wo Mütter gute Vereinbarkeit für Familie und Beruf vorfinden. Spitzenreiter ist Island. Während die Frauenerwerbsquote in Österreich bei 63,5 Prozent liegt, beträgt sie in Island 81,6 Prozent. Im Schnitt bekommen Frauen dort zwei Kinder – deutlich mehr als Südeuropäerinnen. In Italien etwa werden bei einer Frauenbeschäftigungsquote von nur 46 Prozent auch lediglich 1,3 Kinder pro Frau geboren.

Überhaupt sind die nordischen Ländern, wo viel Geld in staatliche Kinderbetreuung fließt, für Adema "gute Vorbilder". Österreich rät er, Geld für außerhäusige Kinderbetreuung gezielter einzusetzen: "Das könnte in Form eines Gutscheins passieren." Finanzielle Mittel, die junge Familien erhalten, wäre dann zweckgebunden. Außerdem plädiert die OECD für "niedrige effektive Steuersätze, die sicherstellen, dass sich die Arbeit für alle Elternteile lohnt".

Ein "Schritt in die richtige Richtung" ist für Adema das Anfang 2007 in Deutschland eingeführte Elterngeld. Diese Lohnersatzleistung (maximal 1800 Euro monatlich) gibt es nur ein Jahr lang, dann sollen Eltern wieder in den Job einsteigen, weil die staatliche Unterstützung ausläuft. Doch er mahnt auch Deutschland, nicht die Hände in den Schoß zu legen. In Deutschland gibt es ebenfalls immer noch zu wenig Kindergärten, und nach einem Jahr Elterngeld wüssten viele Eltern nicht, wohin mit dem Nachwuchs. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.11.2007)