"Da Steffl der schaut obi auf den oamen Steirer Buam er hot wo sei Glück probiert in der großen fremden Stadt", hat die steirische Band STS vor Jahren gesungen. Sie hat im Steirer Hans Missethon einen unwürdigen Nachfolger gefunden. Der legt im Standard-Interview ("Ich will keine Ghettos mehr", 30. 11. 2007) sein persönliches Angst-Verhältnis zu einer lebendigen Großstadt Wien unter anderem so dar: "Es geht nicht, dass Frauen da bei uns in der Burka herummarschieren. In Ottakring sieht man Frauen, die fünf Meter hinter ihrem Mann gehen."

Wieso nennt Herr Missethon eigentlich immer wieder Ottakring als Beispiel? Ich lebe in diesem Bezirk. Aber weder ich noch meine FreundInnen und Bekannten haben den Herrn jemals hier gesehen. Wer weiß? Vielleicht ist er es, der in der Burka verkleidet in Ottakring herummarschiert. Fünf Meter hinter Wolfgang Schüssel.

Jedenfalls - um bei Missethons Fußballbeispiel zu bleiben: Der Mann war eindeutig beim falschen Match. Jedenfalls nicht in Ottakring und nicht in Wien. Die Bundeshauptstadt betreibt seit vielen Jahren eine Politik der niederschwelligen und zielgerichteten Angebote für Zuwanderer. Das reicht vom Deutschkurs "Mama lernt Deutsch" bis zu Berufsberatung, Wohnförderungen und Mediation.

Gerade deshalb ist Wien eben nicht eine Großstadt mit Ghettos, wie man sie in vielen anderen Städten Europas sehen kann. Das ist bei einem 30-prozentigem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund eine gute Leistung. Wien wird dafür auch regelmäßig von der EU-Kommission als Benchmark gelobt.

Natürlich gibt es auch in Wien Probleme beim Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen. Die Frage ist aber: Wie lösen wir sie am besten? Und hier bietet Herr Missethon leider nur die Law-&-Order-Antwort an: Disziplinieren, Unterordnen, Zwangsmaßnahmen.

Wien ist eine großartige Stadt mit großartigen Menschen. Diese Stadt verträgt auch einen "verhaltenskreativen" Zuwanderer aus der Steiermark, der in der Burka verhüllt von der Lichtenfelsgasse Richtung Ottakring wandert. Auch er wird sich irgendwann in der urbanen Welt integrieren. Wir würden jedenfalls nie verlangen, dass er dorthin zurückkehren soll, wo er herkommt (STS: "... z'ruck hinter'n Semmering"), weil er sich unseren Sitten nicht anpasst. (DER STANDARD, Print, 1./2.12.2007)