Brüssel - Die in Nizza im Dezember 2000 von den Staats- und Regierungschef nach Tage- und nächtelangem Gerangel mühsam ausgehandelte Reform des EU-Vertrages trat am 1. Februar diesen Jahres in Kraft. Die Ratifizierung hat nicht zuletzt deshalb so lange gedauert, weil die Bevölkerung Irlands das Vertragswerk in einem Referendum zunächst ablehnte.

Die Auswirkungen sind nicht überwältigend. Die damals am heftigsten umstrittenen Veränderungen beim Einfluss in EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament dürften auch nur von kurzem Bestand sein. Denn der in Nizza ebenfalls in die Wege geleitete EU-Konvent wird im Juni einen grundlegend überarbeiteten EU-Vertrag vorlegen, in dem auch die Entscheidungsverfahren angepasst werden dürften.

Dank Vertrag von Nizza hat das EU-Parlament in der Anwendung von sieben Artikeln des EU-Vertrages das Mitentscheidungsrecht. Es geht um ausgewählte Fragen des Asyl- und Migrationsrechtes, der justiziellen Zusammenarbeit, der Industriepolitik und des Sozialen Zusammenhaltes. In etwa 30 Bereichen wollen die Mitgliedsländer künftig mit qualifizierter Mehrheit statt einstimmig entscheiden.

Reform des Gerichtshofes

Von der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen, wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) reformiert: Das Gericht erster Instanz erhält zusätzliche Kompetenzen, einzelne Beschwerdekammern werden eingerichtet, insbesondere für Beamtensachen. Auch der Europäischen Zentralbank wird durch den Vertrag von Nizza die Möglichkeit einer Satzungsänderung gewährt. Sie soll in Zukunft - nach der Erweiterung der Eurozone auf zumindest 16 Mitglieder - Ländergruppen für Entscheidungen des EZB-Rates bilden.

Die Bestimmungen des Vertrages von Nizza über die Zusammensetzung der drei EU-Institutionen tritt erst mit der Neuwahl der EU-Kommission per 1. November 2004 in Kraft. Von der Erweiterung am 1. Mai 2004 bis dahin gelten Übergangsregelungen, um die neuen Mitgliedsländer zu berücksichtigen.

Alle diese nach einem mühseligen und schmerzhaften politischen Prozess ausgehandelten Regelungen könnten aber obsolet werden, wenn die Staats- und Regierungschefs auf Basis der Arbeit des EU-Konvents vielleicht schon Ende 2003 die nächste EU-Reform beschließen. (APA)