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Berlin - Wissenschaftlern des Berliner Fritz-Haber-Instituts ist es gelungen, mit Hilfe von Computerberechnungen, die Struktur und katalytische Aktivität eines Modellkatalysators über den gesamten Druck- und Temperaturbereich zu simulieren. Die Forschungsergebnisse ermöglichen neue Einblicke, unter welchen Bedingungen Materialoberflächen besonders aktiv werden. Die neue Methode ist den Angaben zufolge auch ein wichtiger Schritt, um die in Theorie und im Laborexperiment noch bestehenden Grenzen für die Katalysatorentwicklung zu überwinden.

Bislang erlauben experimentelle und theoretische Methoden zwar sehr detaillierte Einblicke. Sie bleiben aber auf niedrige Druck- und Temperaturbereiche beschränkt und unterscheiden sich von den tatsächlichen technologischen Bedingungen erheblich. Daher geben sie nur bedingt Aufschluss über Gestalt und Reaktionsverhalten eines Katalysators in der Praxis.

Experimente im Ultrahochvakuum

Das derzeitige Wissen der Forscher über Katalysatoroberflächen beruht weitgehend auf Experimenten im Ultrahochvakuum (UHV, bei Drücken kleiner als 1/10 Milliardstel bar). Die Ergebnisse dieser Experimente sind zwar für das konzeptionelle Verständnis wertvoll, lassen sich aber oft nicht auf die technisch erforderlichen Bedingungen anwenden. Dieser Umstand wird mit dem Begriff "Druck- und Materiallücke" umschrieben. Um diese "theoretische Drucklücke" zu umgehen, haben die Berliner Wissenschaftler eine spezielle Verknüpfung der so genannten Dichtefunktionaltheorie mit klassischen Methoden der Thermodynamik entwickelt. Auf diese Weise gelang es ihnen erstmals, die Oberflächenstruktur eines Modellkatalysators im gesamten Druckbereich vom UHV bis zu technologisch relevanten Bedingungen theoretisch vorherzusagen.

Optimieren

Darüber hinaus haben die Forscher aus dem so berechneten Phasendiagramm auch jene Druck- und Temperaturbedingungen identifiziert, unter denen eine besonders hohe katalytische Aktivität erwartet werden kann. Mit ähnlich gearteten Vorhersagen könnte es deshalb möglich werden, den Katalysator in anderen, noch nicht so gut untersuchten Systeme zu optimieren. Bis zu einem wirklich umfassenden mikroskopischen Verständnis der Festkörperkatalyse ist dieser Ansatz allerdings noch wesentlich zu erweitern, meint Matthias Scheffler, Direktor am Fritz-Haber-Institut. Unter den nun identifizierten katalytisch geeigneten Druck- und Temperaturbedingungen seien einige der bisherigen Annahmen zusammengebrochen. Deshalb müsse eine weiterführende Analyse auf wesentlich aufwändigeren Verfahren der statistischen Mechanik aufbauen, die momentan aber noch nicht handhabbar sind und die Forscher noch einige Jahre beschäftigen werden. (pte)