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Nicht nur Andreas Schifferer macht sich Gedanken, für ein anderes Land zu starten.

Foto: APA/ Techt

St. Moritz – Andreas Schifferer verließ wutentbrannt schon nach fünf Minuten den Sitzungssaal, Klaus Kröll war spurlos verschwunden. So sehr die Führungsspitze des ÖSV die Enttäuschung der beiden für die WM-Abfahrt nicht berücksichtigen Fahrer verstand, so sehr wird man sich womöglich bald mit einem "Exodus" echter Stars konfrontiert sehen.

Abwanderungs-Tendenzen

Denn nach dem für die WM trotz zweier Podestplätze nicht berücksichtigten Pepi Strobl hat am Mittwoch in St. Moritz auch Schifferer wieder einmal laut über einen Verbandswechsel nach gedacht. Und von Slalom-Ass Kilian Albrecht sind ähnliche Tendenzen ebenfalls bereits hörbar geworden. Erstaunlich genug, dass ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel im krassen Gegensatz zu seinen Cheftrainern steht und die Vierer-Quotenregel bei Weltmeisterschaften verteidigt.

Seit Jahrzehnten gibt es im starken ÖSV-Team wegen der Zulassungs-Beschränkung bei Titelkämpfen Härtefälle. Weltklasse-Fahrer aus Österreich müssen zu Hause bleiben, während die sogenannten Exoten die WM- und Olympiapisten berutschen. Zum Leidwesen der Rennläufer und der ÖSV-Cheftrainer, die immer wieder Klasseleute zu Hause lassen müssen.

Schröcksnadel und Kasper einig

Doch Schröcksnadel ist sich in diesem Punkt ausnahmsweise mit FIS-Präsident Gian-Franco Kasper einig. Alpine Weltmeisterschaften seien die Meisterschaften der Besten der jeweiligen Nationen aber eben nicht die der Besten der Welt. "Denn dann stirbt der Skisport" ist Schröcksnadel überzeugt. Man müsse Weltmeisterschaften limitieren. "Wenn sie zu elitär werden, macht man sie kaputt."

DIE Lösung des Problems

Schröcksnadel glaubt, dass viele Nationen nicht mehr teil nehmen würden, wenn nur noch aussichtslose Platzierungen drin seien. "Und wenn nur noch vier Nationen mit fahren, sind die Medaillen nichts mehr wert." Und die Diskussionen in Österreich "werden ohnehin immer nur von denen und über jene geführt, die nicht dabei sind. Ich empfehle jedem seit Jahren, einfach schneller Ski zu fahren."

Giger fordert rechtliche Prüfung

Herrenchef-Toni Giger wollte das vorerst nicht kommentieren, will aber alles tun, um die "verflixte" Viererregel zu sprengen. Eine Regeländerung bei der FIS zu beantragen sei vermutlich sinnlos, aber man könne die Sache doch rechtlich prüfen lassen, so Giger.

Dass es nun zu einer Auswanderungswelle der ÖSV-Stars komme, sei dahin gestellt. "Es ist ja noch nichts entschieden" so Giger. Schröcksnadel hat am Mittwoch bereits mit Josef Strobl telefoniert, wird aber erst nach der WM entscheidende Gespräche mit dem nach Deutschland tendierenden Tiroler führen. Prinzipiell meinte er: "Es wandern ohnehin nur die aus, die nicht schnell fahren. In einem anderen Land als Österreich wären sie nie so schnell so gut geworden."

Schifferer zieht's nach Norwegen

Trotzdem denkt auch Schifferer nun laut über einen Verbandswechsel nach. "Wunschland" wäre wegen seiner langjährigen Beziehung zur von ihm schwangeren Freundin Marit natürlich Norwegen, dort ist aber ein vierjähriger Wohnsitz Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisepasses. Eine andere interessante Variante wäre laut Schifferer "eine kleine Gruppe von drei, vier Leuten, die ein neues Team aufbauen."

"Er meint es so ernst wie Pepi. Aber wenn es so einfach wäre, hätte Andreas längst die norwegische Staatsbürgerschaft", sagte Marit am Telefon. Norwegens Alpindirektor Per Lund sagte: "Einer wie Schifferer wäre eine Bereicherung für unser Speed-Team, wir bleiben aber vorerst inaktiv. Das muss von ihm kommen." (APA)