Kämpft gegen den zähen Glauben ans Züchtigungsrecht: Maria Rösslhumer.
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Standard: Frau Rösslhumer, Frauenhäuser sind Fluchtorte für Frauen, die keine andere Möglichkeit haben, um prügelnden Männern zu entkommen. Wie lange werden wir in Österreich solche Einrichtungen noch brauchen?

Rösslhumer: Noch ziemlich lang. Wir können die Gewalt nicht so schnell abschaffen. Was wir aber tun können, ist den Opferschutz und die Opferrechte zu verbessern. Ich war zuletzt an einigen Polytechnika unterwegs. Dort glauben viele Burschen immer noch, dass sie Besitzansprüche an Frauen und Kindern haben - und das Recht, diese zu züchtigen.

Standard: Warum ist dieser Irrglaube so zäh?

Rösslhumer: Zäh ist relativ. Man sollte nicht vergessen, dass das Züchtigungsrecht des Familienoberhaupts erst vor 30 Jahren aus dem Gesetz gestrichen wurde - nämlich 1978, mit der Reform des Familienrechts. Außerdem gibt es, wie gesagt, unter den Männern nicht nur Gewinner, sondern auch Looser - und die neigen dazu, die Schuld für ihre Probleme auf die Umwelt abzuschieben. Auch die Schuld für ausgeübte Gewalt.

Standard: Laut Jahresstatistik 2007 waren 54 Prozent aller Frauenhausbewohnerinnen Migrantinnen. Warum ist dieser Anteil so hoch?

Rösslhumer: Das hat mit der Scheu vieler Migrantinnen vor der Polizei zu tun. Wenn sie häuslicher Gewalt entgehen wollen, flüchten sie eher in ein Frauenhaus, statt den Polizeinotruf zu tätigen. Das wiederum hat mit ihrer unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation zu tun.

Standard: Wo liegt hier das Problem?

Rösslhumer: Darin, dass Frauen, die ihren Männern als Familienangehörige nachkommen, nach wie vor von der Aufenthaltsbewilligung des Mannes abhängig sind. Dabei haben sie ihre Männer oft jahrelang nicht gesehen, was Beziehungen in tiefe Krisen stürzt. Das Problem ist, dass diese Frauen in Österreich in den ersten fünf Jahren nur dann eine eigene Aufenthaltsbewilligung bekommen, wenn sie einen Arbeitgeber, der sie beschäftigt, sowie eine Wohnung finden. Hier hat das seit 2006 geltende Niederlassungsgesetz Verbesserungen, aber keine Lösung gebracht.

Standard: Was schlagen Sie statt dessen vor?

Rösslhumer: Dass solche Frauen vom ersten Tag ihres Lebens in Österreich an eine eigene, autonome Aufenthaltsbewilligung bekommen. Und dass sich die öffentliche Hand gezielter um ihre Integration bemüht, etwa indem sie sie beim Jobsuchen unterstützt.

Standard: Frau Rösslhumer, wir haben jetzt viel von Frauen als Opfer gesprochen. Sind Ihrer Erfahrung nach auch Männer von häuslicher Gewalt betroffen?

Rösslhumer: Körperlich werden sie von Frauen eher selten ernsthaft verletzt, das wissen wir aus den Spitalsstatistiken. Etwas anderes ist da die psychische Gewalt. Hier können auch Frauen Täterinnen sein. Doch darüber reden Männer bisher noch zu wenig - vielleicht aus Angst, dann unmännlich zu erscheinen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.3. 2008)