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Vladimir Putin bei Gerhard Schröder

Foto: APA/dpa/Hanschke

Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Kriegsgefahr im Irak hat der russische Präsident Wladimir Putin am Sonntag seine Reise nach Deutschland und Frankreich angetreten. Noch am Freitag hat sich der russische Außenminister Igor Iwanow gemeinsam mit Paris und Berlin gegen den Vorschlag von US-Präsident George W. Bush ausgesprochen, schnell eine UN-Resolution zu verabschieden, und damit die Einschätzungen ausgelöst, Russland würde sich einer zweiten UN-Resolution widersetzen.

Zudem hat Verteidigungsminister Sergej Iwanow in München keine Zweifel gehegt, dass Russland die jüngste deutsch-französische Irak-Initiative unterstützen werde.

Unterdessen sieht man in Russland Putins Europareise als weiteren Schritt in der Kräfteverteilung zwischen dem "alten Europa" und den englisch-amerikanischen Befürwortern eines Militärschlages, und die Geister scheiden sich über den sinnvollsten Kurs in der Irakfrage.

Welche Linie aber verfolgt der höchste Entscheidungsträger? "Putin hat eine sehr angenehme Position eingenommen", sagt Lilija Schew- zowa vom Moskauer Carne- gie-Institut gegenüber dem STANDARD. "Er hält sich beide Optionen völlig offen", so die renommierte Politologin. Einerseits könne er immer noch die friedliche Position Frankreichs und Deutschlands unterstützen, gleichzeitig aber im Sinne Amerikas von der scharfen Lösung des irakischen Problems sprechen. So geschehen vor einer Woche in Kiew, wo er zum ersten Mal hinter dem Rücken Frankreichs und Deutschlands hervorgetreten sei.

Damals sei der Eindruck entstanden, dass das Außenministerium auf Putins Vor-stoß nicht vorbereitet war, weshalb Außenminister Igor Iwanow schnell mitteilte, dass sich an Russlands Position nichts geändert habe. "Ich halte es für möglich, dass die russische Politik nicht ausreichend koordiniert ist", meint Schewzowa. Wichtig zu wissen aber sei, dass der nach Westen orientierte Putin selbst die außenpolitische Linie vorgibt. "Noch aber will Putin nicht auswählen, er hat nur seine Vorliebe bekundet - und das ist Amerika."

Schewzowa sieht Putins Problem darin, die Abfahrt des Zuges nicht wie beim Kosovo-Krieg zu verpassen und allein dazustehen. Sie ist aber überzeugt, dass er rechtzeitig aufspringen werde. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2003)