Bild nicht mehr verfügbar.

Die Bikinifigur - zunehmend eine Frage der Verdauung ...
Foto: Reuters/HANS DERYK
"Rege statt träge!" heißt es bei Activia

Dass sich immer mehr Functional-Food Produkte zwischen Buttermilch und Kefir drängen ist mittlerweile ein gewohntes Bild. Namen wie "Activia", "Fasten satt + fit" oder "Optiwell Control" sollen Aktivität und Selbstbestimmtheit (?) in Bezug auf unseren Körper suggerieren. Aktivität meint aber hier nicht nur sportliche, sondern vor allem die des Darms. So heißt es in der aktuellen Activia-Werbung schon etwas direkter "Rege statt träge!". Denn wer fühlt sich schon gerne "soo aufgebläht" - oder schlicht und einfach - nicht bikinifit. Auch die Apotheken mischen Angebote bei, um den eiligen Weg zur Bikinifigur mit einer noch eiligeren Fettverbrennung zu begehen.

Bauchgefühl

In den Werbungen ist das "Bauchgefühl" eine gern verwendete Argumentationsfläche: Für ein "besseres Bauchgefühl" wirbt etwa "Activia" auf ihrer Homepage. Was dieses bessere Bauchgefühl bedeutet, wird noch einmal durch eine Handbewegung im TV-Spot verdeutlicht: Die rechte Hand schiebt mit der Handfläche nach oben vom Brustbein bis zum Becken und schließlich ins Leere imaginären Dreck weg: "Es muss raus" wird damit suggeriert.

Auf das Gefühl im Bauch setzen auch Tabletten. "Die Bikinifigur noch nicht erreicht?" fragt eine Stimme aus dem Off. In diesem Spot für Tabletten, die die Fettverbrennung ankurbeln sollen, ist ein Hintern zu sehen, der wohl gemeinhin als bikinikompatibel gelten würde.

Vorher oder Nachher?

Seltsamerweise ist dieser Hintern aber das Vorher-Szenario. Das in engen Jeans präsentierte Hinterteil wird im Spot durch einen neuen Hintern ersetzt, jedoch durch genau die gleichen perfekten Ideal-Popbacken. Auch näheres Heranrücken an den Fernseher nützt da nichts. Der Hintern wird im Spot noch zweimal durch einen Neuen ersetzt, es soll uns anscheinend die jeweils noch schlankere Version präsentiert werden, aber wie sehr frau/man sich auch bemüht, es ist kein Unterschied zu erkennen. Es wird etwas weggezaubert, wo nichts ist.

Keine Vorher-Nachher-Fotos mehr, auf denen Menschen stolz ihre alten Hosen- oder Rockbünde einen halben Meter von sich weg halten. Viel mehr ist jetzt von diffusem unwohl- oder "aufgeblähtfühlen" die Rede.

Nicht nur der Körper, auch der Darm, Stoffwechsel und Verdauung müssen fit sein, denn die Direktive lautet: Sichtbares oder Unsichtbares - es muss weg, oder: Es muss raus. Was weg und was raus muss, entscheidet aber nicht unser "Bauchgefühl", sondern vielmehr das der VerdauungsfetischistInnen, die ihre Fit = Schön = Gesund-Vorstellungen gern auf unsere privatesten Körperfunktionen ausdehnen. (beaha, dieStandard.at, 30.6.2008)