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Georg Weißmann, Präsident der Notariatskammer: Auch durch mehr steuerliche Selbstbemessungen könnte der Staat Zeit und Geld sparen.

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Wien - Österreichische Jungunternehmer klagen immer wieder über den zeitaufwändigen Hürdenlauf, den sie für die Gründung einer Firma auf sich nehmen müssen. Doch es sind weniger die Vorschriften, die Zeit kosten, als die mühsamen Abläufe beim Ansuchen für den Eintrag einer neuen Gesellschaft ins Firmenbuch. Zwischen der Eingabe und der Rückmeldung vergehen in Wien im Durchschnitt zwölf Tage, in Graz 25 Tage, und in Einzelfällen können auch Monate ins Land ziehen, sagt Georg Weißmann, der Präsident der österreichischen Notariatskammer, im STANDARD-Gespräch. Durch eine Umstellung der Verwaltungswege auf Internet ließen sich diese Vorgänge rasant beschleunigen. "Es gibt die Vorgabe, dass bis 2006 die Gründung einer GmbH nicht länger als 48 Stunden dauern soll. Mithilfe der Elektronik könnten wir das bereits in einem Jahr schaffen", sagt Weißmann, der vergangene Woche seinen 70. Geburtstag feierte.

Er regt an, dass Eintragungen ins Firmenbuch und ins Grundbuch vollelektronisch abgewickelt werden sollen. Technische Grundlage dafür könnte das elektronische Urkundenarchiv Cyberdoc sein, das die Notariatskammer gemeinsam mit Siemens in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. "Derzeit schreibt der Notar alle Eingaben für die Firmenbucheintragung in den Computer, druckt sie aus, übermittelt sie per Post ans Gericht, wo sie ins E-Register eingetragen werden. Dann kommt die Rückmeldung wieder per Post", sagt Weißmann. "Die Gerichte sind nicht so langsam, aber der Postweg und das Drumherum sorgen für Verzögerungen." Eine elektronische Übermittlung sei etwa in Tschechien bereits verwirklicht worden.

Festhalten am Firmenbuch

Am Prinzip des Firmenbuches und der kontinentaleuropäischen Urkundenkultur will Weißmann unbedingt festhalten. Diese biete eine Rechtssicherheit, die das anglosächsische System nicht bieten könne. Aber: "Wir müssen die Urkunden ins 21. Jahr- hundert transportieren."

Eine elektronische Verwaltung aller Dokumente würde der Justiz und Verwaltung viel Geld sparen: Die unbegrenzte Archivierung einer einzigen DIN-A4-Seite kostet laut Studien 3,50 €. Außerdem könnte man für die elektronische Aushebung eine Gebühr einheben. Weißmann hofft dabei, dass das Justizministerium Cyberdoc übernimmt, statt ein neues System aufzubauen.

Vereinfachung im Steuerwesen

Viel Raum für Vereinfachung sieht Weißmann auch im Steuerwesen. Dort sollte der Fiskus auch bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer auf jenes System der Selbstbemessung übergehen, das bereits bei der Grunderwerbssteuer angewendet wird. Der Notar würde die Angaben über die Transaktion in ein Computerprogramm eingeben, und die berechnete Steuerschuld würde dann sofort beglichen werden. "Der Fiskus hätte das Geld sofort, und der Steuerzahler hätte Sicherheit", sieht Weißmann Vorteile für beide. Beim Verlassenschaftsprotokoll könnte man die Bestattungskosten, die die Erbschaftssteuer verringern, pauschalieren.

Das gleiche Prinzip sei mittelfristig auch bei der Einkommensteuer vorstellbar. Selbst die Steuerprüfungen könnten elektronisch abgewickelt werden, wenn alle Rechnungen und Dokumente routinemäßig eingescannt werden, schlägt Weißmann vor.

Dass die Notariatsleistungen durch E-Government billiger werden, kann sich Weißmann nicht vorstellen. Aber: "Wenn alles schneller geht, ist man sicher bereit, den gleichen Preis zu bezahlen." (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe 11.2.2003)