Wer löst also die Nordkoreakrise? Die Frage mag sich aufdrängen, zumal das Regime laut Aussage des Chefs der Wiener Atombehörde nur noch "ein oder zwei Monate" von der Produktion einer signifikanten Menge waffenfähigen Plutoniums entfernt ist. Die Liste der Kandidaten hat allerdings einige Mängel: Die USA wollen nicht verhandeln - nicht bevor sie das Kapitel "Irak" abgehakt haben und danach auch nicht, ohne dass Nordkorea zuvor alle seine Untaten wieder rückgängig gemacht hat. Die EU will, aber sie hat in diesem Teil der Welt nichts zu sagen. Die Südkoreaner haben etwas zu sagen, nur nicht das Richtige: Ihre Bemühungen um Familientreffen, Gleisbau und andere bilaterale Entspannungen über die Grenze hinweg interessieren Pjöngjang derzeit nicht wirklich.

Kim Jong-il will gleich mit dem Boss in Washington sprechen, notfalls noch mit London. London hat dankend abgelehnt. Russland und China, zwei alte Freunde des stalinistischen Regimes? Auch Fehlanzeige. Bleibt noch die internationale Atomenergiebehörde, doch die hat den Ball ja nun weitergereicht an den UN-Sicherheitsrat, wo nur wieder die bekannten Zögerlinge sitzen (siehe oben). Die Krise um Nordkoreas Atomprogramm kann seit nunmehr vier Monaten weit gehend ungestört vor sich hinköcheln, weil die entscheidenden Machtträger sich nicht an den Verhandlungstisch bequemen wollen.

Das ist zum einen erstaunlich, denn weder die USA noch Nordkoreas Nachbarn können irgendein Interesse an einer handfesten Krise in Ostasien mit möglichem militärischem Ausgang haben. Interesse an erratischen Regimen mit Atombomben sollten sie aber besser haben. Doch die allgemeine Lähmung in der Korea-Krisendiplomatie geht von Washington aus. Die USA müssen nicht der einzige Garant einer Verhandlungslösung für Nordkorea sein, aber ohne sie wird es ein Ende der atomaren Erpressung durch Pjöngjang auch nicht geben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 14.2.2003)