18 Monate ständiger Blockade hat Österreichs Politik zuletzt erlebt. Das lag an der besonderen Dynamik der großen Koalition und an Alfred Gusenbauers Führungsschwäche. Aber auch die in der Verfassung verankerte Machtlosigkeit des Bundeskanzlers hat viel dazu beigetragen.

Der österreichische Regierungschef hat keine Richtlinienkompetenz. Er kann den Ressortchefs nichts vorschreiben, sondern nur nach innen vermitteln und nach außen repräsentieren. Der Stärkste im Kabinett ist der Finanzminister, denn der kann jedem Minister den Geldhahn abdrehen. Mächtig ist der Kanzler nur als Chef seiner Partei – und das macht ihn verwundbar gegenüber internen Rebellionen.

In anderen Staaten gibt es entweder einen starken Präsidenten oder einen starken Premier. Kollegial wird nur die Schweiz regiert, doch dort hat die Bundesregierung an sich nicht viel zu sagen. Deutsche Kanzler setzen ihre Richtlinienkompetenz zwar nur spärlich ein, aber allein das Recht zu entscheiden gibt ihnen in Konfliktsituationen das bisschen mehr an Autorität, das Lösungen herbeiführen kann.

Gerade weil dem Land wieder eine große Koalition droht, wäre eine institutionelle Stärkung des Kanzlers – wer immer ihn auch stellt – ein Mittel, um die mit ihr verbundene Politikverdrossenheit zu verringern. Die Wähler erwarten sich echte Führung statt WG-Atmosphäre in der Regierung. Dafür braucht es nicht nur die überzeugende Persönlichkeiten, sondern auch bessere rechtliche Rahmenbedingungen. (DER STANDARD Printausgabe, 15.7.2008)