Foto: Standard/Matthias Cremer

Plus wird in Österreich wieder zu Zielpunkt - nicht umgekehrt.

Der Verkauf ist abgeblasen, Zielpunkt versucht die Sanierung aus eigener Kraft. Die erst 2005 gestartete Vertriebslinie Plus verschwindet. Johann Schweiger, Chef der Handelskette, verspricht für 2009/10 Gewinne.

 

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Wien - Zielpunkt versucht, die Sanierung aus eigener Kraft und ohne neue Eigentümer zu schaffen. "Wir werden mit Ablauf des Geschäftsjahres 2009/2010 nachhaltig in die Gewinnzone zurückkehren" , versichert Johann Schweiger, Chef der Handelskette, auf eine Anfrage des Standard. Der Weg aus den Turbulenzen soll über eine scharfe Kehrtwende führen: Die erst vor drei Jahren eingeführte Vertriebslinie Plus verschwindet vom Markt, ihre 97 Standorte werden wieder zu Zielpunkt-Filialen umgebaut. Statt auf den Harddiskont konzentriert sich die Kette damit künftig ausschließlich auf das mittlerer Preissegment


Der deutsche Tengelmann-Konzern hat Plus europaweit bis auf die Töchter in Bulgarien und Rumänien verkauft. "Es hat keinen Sinn, die Marke Plus in Österreich weiter zu forcieren" , sagt Schweiger.


Marktexperten gehen davon aus, dass Tengelmann die Verkaufspläne für die Österreich-Tochter nur aufgeschoben hat - die Braut werde geschmückt, heißt es. Offiziell ist der Verkauf vom Tisch. Die Lebensmittelkette bleibt unter ihrer österreichischen Führung, sie erhält allerdings mehr nationale Entscheidungsbefugnisse. Die gebotenen Kaufpreise der interessierten Investoren - darunter der Handelsriese Spar - waren der Eigentümerfamilie Haub letztlich zu niedrig.


"Tengelmann haben alle Angebote nicht gereizt, inklusive unserem" , zieht Karl Schirnhofer Bilanz. Der steirische Fleischwarenspezialist betreibt alle Feinkostabteilungen bei Zielpunkt - künftig auch an den bisherigen Plus-Standorten. Er habe sich mit einem Partner aus der Handelsbranche um die Kette bemüht, bestätigt er. "Das war ernst gemeint." Mit der neuen Lösung sei er dennoch zufrieden, sie sorge für Klarheit. "Das Unternehmen kehrt dorthin zurück, wo es hergekommen ist."

Dass es einzelne Filialschließungen geben werde, liege jedoch auf der Hand. Auch dass die Sanierung einiges kosten werde. Tengelmann-Chef Christian Haub hat in der Vergangenheit betont, dass der Konzern für Zielpunkt selbst Geld in die Hand nehme werde, finde sich kein geeigneter Partner. Im selben Atemzug ließ er damals noch wissen: "Es macht keinen Sinn, an Geschäftsteilen, die nicht mehr konkurrenzfähig sind, festzuhalten."


Ein Betrieb dieser Größe habe in Österreich gegen die Riesen Hofer, Rewe und Spar keine Chance, ist ein Handelsmanager überzeugt. Er beziffert die Kosten für den Total-umbau einer Filiale mit 200.000 bis 300.000 Euro. Dass für die Sanierung eine kolportierte Investition von 130 Mio. Euro nötig wäre, sei deutlich zu hoch gegriffen. Für die Filialrenovierung seien gut 30 Mio. Euro erforderlich. "Aber auch das gehört erst einmal verdient."


Zielpunkt hat 2005/06 rund 1,7 Mio. Euro Verlust verbucht, zuletzt soll er auf 20 Mio. Euro angewachsen sein; bestätigt wurde das nicht. Offiziell ist, dass 3300 Mitarbeiter 2007/08 mit 364 Filialen 659 Mio. Euro umsetzten. Ihr Marktanteil im Lebensmittelhandel sank laut AC Nielsen im Vorjahr von 4,7 auf 4,5 Prozent. Schweiger begründet den Verlust und sinkenden Umsatz mit der Ladenumstellung auf Plus.


Industrie ist zuversichtlich


Lieferanten zeigen sich über die Entscheidung der Kette, vom Harddiskont abzurücken, erleichtert. Es bedeute vor allem ein breiteres Sortiment, Zielpunkt führt immerhin 2200 Artikel mehr als Plus.
Zielpunkt habe in den vergangenen Jahren einen Zickzackkurs hingelegt, resümiert Günter Thumser, Henkel-Vorstand und Chef des Markenartikel-Verbands. Jetzt orte er eine klare strategische Orientierung.Die Gefahr, zwischen Spar, Rewe/Adeg und Hofer zerrieben zu werden, sehe er nicht. "Es gibt für den Softdiskont in Österreich trotz hoher Marktkonzentration noch einen freien Raum."

Das Konzept sei ein eigenständiges, dass es scharfe Einschnitte in das Filialnetz geben werde, bezweifelt er.


"Es gibt Platz für Zielpunkt, vorausgesetzt, diese Sanierung wird ernsthaft, nachhaltig angegangen" , meint auch Erwin Wichtl, Chef der ZEV Markant und Nah & Frisch. "Wir lassen uns überraschen."
(Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.7.2008)