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Vor allem slowakische Pflegerinnen sind in den österreichischen Haushalten derzeit nicht wegzudenken. Steigen die Löhne im Osten weiter an, könnten die Betreuerinnen bald ausbleiben.

Wien - Dem österreichischen Pflegesystem könnten schon bald die osteuropäischen Pflegerinnen abhanden kommen. "In drei bis fünf Jahren wird unser System so nicht mehr existieren", sagt Harald Drescher vom Pflegeverein St. Elisabeth im Standard-Gespräch. Er hat früher illegale Pflegerinnen vermittelt und tut das jetzt auf legaler Basis. Rund 1000 Schwestern werden von seinem Verein betreut.

Die Rekrutierung werde aber bereits schwieriger - zumindest bei den gutausgebildeten Pflegerinnen, die man in Österreich brauche, sagt Drescher. "Vor allem aus Tschechien ist ein Rückgang spürbar." Noch könne der Bedarf vor allem über Pflegerinnen aus der Ostslowakei gedeckt werden, meint Drescher. Aber: "Das Lohnniveau im Osten steigt." Immer mehr Schwestern würden auch in der Heimat Jobs finden. "Das System ist daher im Auslaufen."

Man werde daher schrittweise auf österreichische Pflegekräfte umstellen müssen, prognostiziert Drescher. "Es gibt genug Schwestern und Berufsaussteigerinnen, die das gerne machen würden."

Freilich müsse man die Bezahlung stark anheben. Osteuropäerinnen bekommen derzeit 700 bis 900 Euro. "Da macht in Österreich keiner einen Finger krumm." Nötig sei daher die Anhebung des Pflegegeldes oder der staatlichen Zuschüsse - "oder beides" . Sein Verein werde jedenfalls im Herbst einen ersten Versuch mit österreichischen Pflegerinnen starten, kündigt Drescher an.

"Es wird enger"

Ähnlich äußert man sich beim Verein "Senioren-Krankenpflege" : "Viele Pflegerinnen sagen uns, dass sie für den Preis und für die Versicherungen, die man zahlen muss, gleich zu Hause bleiben können, um dort zu arbeiten." "Es ist durchaus so, dass es enger wird" , konstatiert auch Caritas-Sozialexpertin Judit Marte-Huainigg. Prognosen seien allerdings schwierig.

Beim Hilfswerk geht man davon aus, dass es bei den Ländern zu einer "Verschiebung" kommen wird, sagt Geschäftsführer Walter Marschitz. Er meint, dass "in Zukunft, die Pflegerinnen aus Ländern wie Bulgarien und Rumänien stammen werden" . Einen Engpass fürchtet Marschitz daher nicht.

"Man wird in der Zukunft schon Betreuerinnen finden, aber nicht mehr zu den jetzigen Preisen" , glaubt auch Marta Kopka, Geschäftsführerin der Agentur "Senior Service", selbst gebürtige Slowakin: "Für 40 Euro pro Tag wird niemand kommen, da wird man schon 60 zahlen müssen."

Auf die zu niedrigen Zuschüsse bei der 24-Stunden-Betreuung hat man am Donnerstag auch in Salzburg reagiert. Wie in Niederösterreich und Vorarlberg werden die Förderungen auf 500 Euro im Monat (bei selbstständigen Pflegern) bzw. 1000 Euro (bei unselbstständigen) erhöht. Außerdem wird auch die Vermögensgrenze abgeschafft, kündigte Landesrätin Erika Scharer (SPÖ) an.

Keine Pflegeversicherung

Die Vorsteherin des Instituts für Pflegewissenschaften an der Uni Wien, Hanna Mayer, kritisierte auf Ö1, dass die Politik meist nur über ältere und Langzeit-Pflegebedürftige diskutiere. Ihr Vorschlag, eine Pflichtversicherung für Pflegeleistungen einzuführen, wurde aber von den Parteien durch die Bank abgelehnt. (go, jo, pm/DER STANDARD, Printausgabe, 18.7.2008)