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Barack Obama auf Besuch bei Hamid Karzai

Foto: Reuters

Kabul - Barack Obama trug einen dunklen Anzug und den obligatorischen US-Flaggen-Sticker am Revers. Als er sich mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in dessen Residenz in Kabul zum Gespräch hinsetzte, zückten die Diplomaten in den Delegationen ihre Stifte und machten eifrig Notizen. Alles wirkte so, als würde ein US-Präsident Afghanistan besuchen - und nicht bloß der demokratische Präsidentschaftskandidat.

Obama war am Wochenende mit einem Zwischenstopp auf einer Militärbasis in Kuwait nach Afghanistan geflogen. Im Anhang des Demokraten, der mit einer großen Reise nach Nahost und Europa außenpolitische Kompetenz zeigen will, waren der Bush-kritische republikanische Senator Chuck Hagel und dessen Amtskollege Jack Reed von den Demokraten - beide gelten als versierte Außen- und Sicherheitspolitiker und als mögliche Kandidaten für die Vizepräsidentschaft unter Obama. Die Männer besuchten auch amerikanische Soldaten im unruhigen Osten des Landes und ließen sich auf dem US-Stützpunkt Bagram nördlich von Kabul von Kommandanten über die Lage informieren.

Beraterin forderte Nato auf, mehr Truppen ins Land zu schicken

Die außenpolitische Chefberaterin Obamas, Susan Rice, forderte ebenfalls ein stärkeres Engagement der Europäer in Afghanistan und in Pakistan. Für weitere "halbherzige" Schritte Europas und der USA hinsichtlich Afghanistan sei später ein hoher Preis zu zahlen, sagte sie dem Spiegel. "Die USA müssen mehr Ressourcen und Truppen schicken - aber die Nato sollte das auch tun." Aus Deutschland - Obama wird auch Berlin besuchen - kam vonseiten des SPD-Chefs Kurt Beck dazu umgehend Ablehnung: Den Auftrag der Deutschen Bundeswehr noch mehr auszuweiten sei nicht möglich, denn diese sei schließlich auch im Kosovo und im Libanon aktiv. "Wir haben uns da nicht gedrückt" , sagte der SPD-Chef.

 Obama im Irak

Obama, ist am Montag im Rahmen seiner
Auslandsreise zu einem Kurzbesuch im Irak eingetroffen. US-Medien gehen davon aus, dass Obama dort mit Vertretern der irakischen Regierung und mit US-amerikanischen Verantwortlichen sprechen wird. Zudem werde der Senator aus Illinois auch US-Soldaten treffen.

"Unkoordinierte Reisetätigkeit"

Aus dem Lager von Obamas Gegenkandidaten John McCain wurde die Reisetätigkeit des Senators als unkoordiniert kritisiert. Dessen außenpolitischer Berater, Randy Scheunemann, kritisierte den Besuch Obamas in Berlin am kommenden Donnerstag: "Obama hält seine transatlantische Grundsatzrede in Berlin, bevor er überhaupt mit britischen und französischen Politikern gesprochen hat" , sagte Scheunemann. Es sei klar, dass er deren Gedanken nicht berücksichtigen wolle: "Es ist eine Wahlkampf-Show." Eine Auslandsreise mache McCains viele Jahre außenpolitischer Erfahrung nicht wett.

In TV-Spots griff McCain Obama am Wochenende erstmals direkt an und hielt ihm Opportunismus vor. Der Sprecher der Spots wirft Obama vor, sich im Senat nie um Afghanistan gekümmert zu haben, seit Jahren nicht im Irak gewesen zu sein und auch die Finanzierung der beiden Kriege nicht unterstützt zu haben. Diese Haltung habe Obama geholfen, sich die Nominierung seiner Partei zu sichern, aber jetzt ändere er seine Positionen, "um Präsident zu werden" . (red/DER STANDARD Printausgabe, 21. Juli 2008/red/APA)