Rom - Das italienische Telekommunikationsunternehmen Telecom Italia und der Mutterkonzern Pirelli werden von der Mailänder Staatsanwaltschaft der Korruption beschuldigt. Die Vorwürfe wurden zum Abschluss einer im Herbst 2006 in die Wege geleiteten Untersuchung eines ausgedehnten Skandals um illegale Telefonabhörungen erhoben.

In den Sog der Ermittlungen sind 30 Personen geraten. Sie sollen Privatdetektiven in Florenz vertrauliche Informationen über die Steuersituation mehrerer Personen weitergegeben haben. Hauptangeklagter ist der ehemalige Sicherheitsverantwortliche bei Telecom Italia, Giuliano Tavaroli. Ihm wird illegales Abhören von Privatpersonen und Korruption vorgeworfen.

Spionagezentrum

Nach Angaben der Ermittler war im Schatten der Telecom Italia über Jahre hinweg ein Spionagezentrum gewachsen, das in der Geschichte des Landes beispiellos ist. Tavaroli standen 500 Telecom-Angestellte zur Verfügung, um alle möglichen Informationen zu sammeln. Die Zahl der illegal Abgehörten belief sich auf mehr als 100.000.

Zudem, so die Vorwürfe der Ermittler, seien durch Bestechung Nachrichten über die Datenbanken des Innen-, Wirtschafts- und Justizministeriums ge- und verkauft worden. Diese riesige private außergesetzliche Telecom-Datenbank hatte eine direkte Verbindung zum italienischen Geheimdienst Sismi.

Im Zusammenhang mit illegal abgehörten Telefongesprächen waren 2006 16 Personen festgenommen worden. Neben elf Privatdetektiven waren damals auch drei Polizisten und zwei Angestellte der Mobilfunkgesellschaft TIM verhaftet worden. Sie sollen gegen Schmiergelder geheime Informationen weitergeben haben. Den TIM-Angestellten sei es zudem gelungen, Geheiminformationen aus der Datenbank der Polizei zu entnehmen. Das Abhörsystem, das in einer ersten Phase zur Kontrolle der Telecom-Mitarbeiter aufgebaut worden war, war später entartet.

Nach Angaben der römischen Tageszeitung "La Repubblica" vom Samstag werfen die Staatsanwälte Pirelli und Telecom Italia fehlende Aufsicht über Tavarolis Arbeit vor. Sie werden daher der Korruption mitbeschuldigt. Nicht von den Ermittlungen betroffen ist der Chef von Pirelli, die frühere Nummer Eins der Telecom Italia, Marco Tronchetti Provera. Die Ermittler konnten nicht feststellen, dass er über Tavarolis Abhöraktion informiert war. (APA)