Als „einziges Licht in der Dunkelheit" beschrieb ein chinesischer Zuseher den Fernsehsender New Tang Dynasty Television (NTDTV) in einem Email an deren Büro. Doch seit 16. Juni ist auch dieses Licht erloschen. Dafür verantwortlich gemacht wird der französische Satellitenbetreiber Eutelsat.

NTDTV ist der erste und bislang einzige chinesisch-sprachige, unabhängige Fernsehsender, der die strikten Zensurmaßnahmen der chinesischen Staatsmacht bisher umgehen konnte. 2001 von Übersee-Chinesen in New York gegründet, berichtet NTDTV über Themen wie Menschenrechtsverletzungen in China, die Unterdrückung von religiösen Minderheiten und die Situation in Tibet. Dutzende Millionen Festland-Chinesen konnten die kritische Berichterstattung des Senders über Satellit empfangen. Kein Wunder also, dass NTDTV dem kommunistischen Regime ein Dorn in Auge ist.

Ohne Vorwarnung Signal abgeschaltet

Wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele wurde das Signal ohne Vorwarnung abgeschaltet. Eutelsat, das für die Übertragung von NTDTV verantwortlich ist, begründete den Ausfall mit technischen Problemen. Doch die Mitarbeiter von NTDTV sprechen von politischen Hintergründen. „Eutelsat hätte die technischen Möglichkeiten, das Signal wieder herzustellen", zeigt sich NTDTV-Korrespondentin Milene Wirth-Fernandez in einer Pressekonferenz überzeugt. „Sie haben aus Druck seitens der chinesischen Regierung gehandelt."

Als Beweis dafür verweist sie auf eine Tonbandaufzeichnung von Reporter ohne Grenzen (ROG), in der eine Mitarbeiterin von Eutelsat in einem Telefongespräch erklärt: „Wir taten es, weil wir Mahnungen von der chinesischen Regierung erhielten. Vor zwei Jahren wiederholte die Staatliche Verwaltungsstelle für Radio, Film und Fernsehen immer wieder die selbe Botschaft: ‚Stoppt diesen Sender, bevor wir unsere Gespräche beginnen.'" Was sie dabei nicht wusste: Auf dem anderen Ende der Leitung war kein Vertreter der chinesischen Propaganda-Abteilung, wie sie glaubte, sondern ein Mitarbeiter von ROG.

"Verrat an Millionen von Chinesen"

„Wir haben damals den Vertrag mit Eutelsat abgeschlossen, weil wir glaubten, dass sie für Pressefreiheit stehen", meint Lili Kirner, die ebenfalls für NTDTV arbeitet. Nun sieht Wirth-Fernandez die vermeintlichen wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Europas zweitgrößtem Satellitenbetreiber und China als „Verrat an Millionen von Chinesen, die das Recht auf unabhängige Informationen haben".

Es ist nicht der erste Konflikt zwischen Eutelsat und NTDTV. Schon 2005 versuchte das französische Unternehmen den Vertrag mit dem TV-Sender zu kündigen, doch internationaler Druck durch Mitglieder des Europäischen Parlaments, der US-Regierung und von NGOs verhinderte dies. Auch im aktuellen Fall hofft NTDTV auf breite, internationale Unterstützung. (Marina Wetzlmaier, derStandard.at, 24.7.2008)