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Der libysche Staatschef Muammar Gaddafi und der italienische Premier Silvio Berlusconi trafen einander bereits fünfmal.

In den wechselvollen Beziehungen zwischen Italien und Libyen ist das Thema ein Dauerbrenner: Seit Jahren fordert Staatschef Muammar Gaddafi eine Entschädigung für die im Kolonialkrieg angerichteten Massaker und Verwüstungen. Immer wieder war die Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrags angekündigt worden - zuletzt im November 2007 von Außenminister Massimo D'Alema.

Jetzt scheint es wieder so weit. Gaddafis Sohn Saif el Islam erklärte, ein Vertrag "im Gesamtumfang von mehreren Milliarden Euro" werde in den kommenden Wochen unterschrieben. Das römische Außenministerium reagierte betreten und wollte die Ankündigung nicht bestätigen. Schließlich meldete sich Premier Silvio Berlusconi zu Wort. An dem Freundschaftsvertrag werde gearbeitet, und es bestehe der "feste Wille, diesen bis 31. August zu unterzeichnen".

Die libysche Agentur Jana meldete, Berlusconi habe dem libyschen Vertreter in Rom versichert, Außenminister Franco Frattini werde in Kürze nach Tripolis reisen, um letzte Details zu klären. Als wichtigste Punkte der Vereinbarung gelten der Bau einer Autobahn quer durch den Wüstenstaat und die Beseitigung aller italienischen Minen aus der Zeit des Kolonialkriegs. Italien hatte die Kyrenaika 1911 erobert und sie 1934 mit Tripolitanien zur faschistischen Kolonie Libyen vereint. Zehntausende wurden nach Italien deportiert. Die Zahl der Opfer wird auf 300.000 geschätzt.

Nach seiner Machtergreifung verfügte Gaddafi 1970 die Ausweisung von 20.000 Italienern aus Libyen. 2006 kamen bei der versuchten Erstürmung des italienischen Konsulats in Bengasi elf Menschen ums Leben. Auch die Absprachen zur Eindämmung des Flüchtlingsstromes wurden nur selten umgesetzt. Allein 2007 starteten fast 20.000 Migranten von der libyschen Küste in Richtung Sizilien.

Die vereinbarten gemeinsamen Kontrollen durch die Küstenwache wurden ebenso wenig verwirklicht wie die Errichtung von Auffanglagern in Libyen. Vor einem Monat traf Premier Berlusconi Staatschef Gaddafi in dessen Zelt in Syrte. Angesichts einschlägiger Erfahrungen beschränkte sich Berlusconi danach darauf, das "positive Gesprächsklima" zu loben. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.7.2008)