Die Steuerersparnis bei den Cross-Border-Leasings vor zehn Jahren könnte die ÖBB nun teuer kommen. Mit ihren vielen Baustellen drohen die ÖBB-Lokführer überhaupt den Anschluss an die Finanzierbarkeit zu verlieren.

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Wien - Nach der Kostenexplosion beim viergleisigen Ausbau des Unterinntals und neuerlichen Wertberichtigungen bei den hochriskanten Derivatgeschäften mit der Deutschen Bank tut sich bei den ÖBB ein neues Finanzloch auf.

Sorgen bereiten die vor mehr als zehn Jahren abgeschlossenen Cross-Border-Transaktionen, bei denen die ÖBB ihr Schienennetz, Lokomotiven und Waggons an US-Finanzinstitute verleast und wieder zurückgemietet haben. Aufgrund der US-Kreditkrise habe sich die Bonität der US-Partner verschlechtert und deren Refinanzierung verteuert. Für allfällige Schäden müsse der Pfandgläubiger ÖBB aufkommen und vorsorgen, bestätigt man dem Standard in ÖBB-Vorstandskreisen.

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Im ÖBB-Konzern liegen die Nerven blank. Der Grund: Nach Kostenüberschreitungen in Millionenhöhe bei Bauprojekten wie dem viergleisigen Ausbau im Unterinntal und weiteren Wertberichtigungen bei den hochspekulativen Derivatgeschäften (CDO) mit der Deutschen Bank tut sich ein neues Finanzloch auf. Wie der Standard in hohen ÖBB-Kreisen erfuhr, zeigen nun auch die den CDO zugrunde liegenden, vor mehr als zehn Jahren abgeschlossenen Cross-Border-Transaktionen spürbare Erosionserscheinungen.

US-Kreditkrise schlägt durch

Der Grund dafür liegt in der US-Kreditkrise. Sie macht mittlerweile auch den US-Partnern, an die der damals noch integrierte ÖBB-Konzern Sach- und Vermögenswerte wie Schienennetz, Lokomotiven und Wagenmaterial verleaste (und für Jahrzehnte zurückmietete), zu schaffen. Internationale Ratingagenturen hätten die Bonität dieser nichtösterreichischen Institute teilweise heruntergestuft, was wiederum die Refinanzierungskosten der ÖBB-Finanzpartner erhöhe, bestätigten ÖBB-Manager die aus diversen ÖBB-Aufsichtsräten betroffener ÖBB-Töchter gesickerten Informationen.

Pfandgläubiger kommt dran

Ausgleichen müssten derartige Herabstufungen jeweils die Pfandgläubiger, im Fall der Österreichischen Bundesbahnen sind das die ÖBB-Infrastruktur Bau AG, ÖBB-Personenverkehr AG und die Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA). Die drei müssten nun gemäß internationalen Bilanzierungsregeln (IFRS) Vorsorgen für den Worst Case bilden, sagt ein ÖBB-Manager unter Berufung auf Vorstandsinformationen. Noch unklar ist, ob es die in die Derivatgeschäfte tief verstrickte ÖBB-Holding auch treffen wird.

Schleier über dem Volumen

Wie ein Staatsgeheimnis gehütet wird das Volumen dieser neuen Rückstellungen. Die Rede ist von einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag, andere Quellen hoffen, mit 80 Millionen Euro das Auslangen zu finden. Zusammen mit den 260 bis 270 Mio. Euro, die 2008 darüber hinaus für die Kostenexplosion beim Unterinntalausbau rückgestellt werden müssen, scheint ein Abrutschen der mit 10,8 Milliarden Euro verschuldeten Staatsbahn tief in die roten Zahlen unvermeidlich. Zur Erinnerung: In der ÖBB-Infrastruktur Bau AG erhöhte sich das negative Finanzergebnis um 103,1 auf minus 373,2 Millionen Euro. Dazu beitragen wird auch der zusätzliche Wertberichtigungsbedarf bei den CDO-Veranlagungen, für ihn ist ebenfalls vorzusorgen. Er betrug in der ÖBB-Konzernbilanz 2007 brutto 237 Mio. Euro und konnte nur durch Auflösung anderer Rückstellungen auf knapp unter 200 Mio. Euro gedrückt werden. Heuer kalkuliert man - je nach Kurssituation an den Börsen - mit gut 80 Mio. Euro. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.7.2008)