Die Häftlingszahlen befinden sich seit Jahresbeginn "im Sinkflug", lautet die erste Bilanz zum "Haftentlastungspaket" von Justizministerin Maria Berger: Mit Stichtag 1. Juli 2008 saßen um 929 Häftlinge weniger im Tschumpas als im Jahr zuvor - die "Auslastung" der Gefängnisse ist von 110 auf 90 Prozent gesunken. Eine Entwicklung, die umgehend die "Wegsperr"-Fraktion auf den Plan ruft - allen voran BZÖ-Chef Peter Westenthaler, dem pikanterweise kommende Woche erneut wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage im Wiener Landesgericht der Prozess gemacht wird. Der Tenor der Kritik lautet stets: Die Gesellschaft muss vor Verbrechern geschützt werden.

Wobei allerdings leicht vergessen wird, dass eine lange Haft allein noch keinen besseren Menschen formt - eher im Gegenteil. Und bei den Reintegrationsmaßnahmen handelt es sich auch keineswegs um einen Haft-"Urlaub" - ganz im Gegenteil. "Die sozial konstruktiven Maßnahmen sind kein Honigschlecken oder Verzärteln, sondern oft anstrengender als der geregelte Tagesablauf in der Haft", berichtet etwa Karin Waidhofer, Geschäftsführerin des Bewährungshilfe-Vereins Neustart. Ein an dem Projekt beteiligter Häftling sei sogar freiwillig in die Haft zurückgekehrt, weil er die Anforderungen - kein Alkohol, nach der Arbeit in die Wohnung zurückkehren, Hausarrest auch am Wochenende - nicht erfüllen konnte.

Wird die vorzeitige Enthaftung durch Begleitmaßnahmen ergänzt - und werden diese entsprechend finanziert -, ist eine Reintegration der Häftlinge jedenfalls leichter möglich, als wenn sie bis zur letzten Strafminute im Häfen dunsten. (Roman David-Freihsl/DER STANDARD-Printausgabe, 28.7.2008)