Skopje - Ungeachtet eines Boykotts der Opposition hat das mazedonische Parlament in der Nacht zum Sonntag in der Hauptstadt Skopje eine neue Regierung gewählt. An deren Spitze ist der bisherige Ministerpräsident Nikola Gruevski, Chef der nationalkonservativen Partei Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation - Demokratische Partei für die Nationale Einheit Mazedoniens (VMRO-DPMNE). Für seine Koalitionsregierung mit der Albanerpartei Demokratische Integrationsunion (DUI), die im neuen Parlament 82 der insgesamt 120 Mandate hat, stimmten 77 Abgeordnete, wie die Medien in Skopje am Sonntag berichteten.

Aufschwung

Abgeordnete der Opposition boykottierten die Sitzung und kritisierten die neue Koalition wegen angeblicher Fälschung der Wahlergebnisse vom 1. Juni und Repression gegenüber politischen Gegnern. Regierungschef Gruevski versprach in seiner Antrittsrede einen wirtschaftlichen Aufschwung sowie Mitgliedschaft in EU und Nato. Zugleich kündigte er an, organisierte Kriminalität und Korruption zu bekämpfen und die Beziehungen zwischen der slawischen Mehrheit und der albanischen Minderheit zu verbessern.

Ex-Rebellen in der Regierung

Die VMRO-DPMNE verfügt über 63 von 120 Sitzen und gewann damit die absolute Mehrheit bei den Wahlen im Juni. Die DUI unter der Führung des ehemaligen Extremistenführers Ali Ahmeti hat 18 Vertreter im Parlament. Ahmeti war rund um den Konflikt zwischen der albanischen und slawischen Volksgruppe, der im Jahr 2001 eskalierte, der Führer der Rebellengruppe Albanische Nationalarmee (AkSH). Der Konflikt wurde durch internationalen Druck mit dem Abkommen von Ohrid, das den Albanern mehr Rechte einräumt, beendet. In jeder mazedonischen Regierung muss eine der beiden Albanerparteien vertreten sein. Weil die DUI nicht Teil der vergangenen Koalition war, boykottierte sie monatelang das Parlament. Ahmeti argumentierte, dass eine Regierung ohne die größte Albanerpartei DUI nicht den Wünschen der Wähler entspreche und daher nicht legitim sei.

Vizepremierministerposten

Sämtliche mazedonische Parteien agieren nach stark klientelistischen Kriterien. Der bisherige Regierungspartner, die Demokratische Partei der Albaner (DPA), hatte einen Parlamentsboykott schon nach der Parlamentswahl angekündigt. Die Albanervertreter machten sich zuletzt für die Anerkennung der Unabhängigkeit des benachbarten Kosovo durch Mazedonien stark. Die neue Regierung hat samt Premier 22 Mitglieder, fünf Minister- und ein Vizepremierministerposten sind der DUI zugefallen. Der bisherige Kabinettschef Ahmetis, Abdulalim Ademi, soll als einer der Vizeministerpräsidenten für die Umsetzung des Ohrid-Abkommens zuständig werden. Die DUI stellt auch den Wirtschaftsminister, Fatmir Besimi. (APA, awö/DER STANDARD Printausgabe, 28.7.2008)