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Eine 50-prozentige Frauenquote wird es auch im nächsten SPÖ-Klub im Nationalrat nicht geben, sagt Präsidentin Barbara Prammer.

 

Standard: Sie sind Feministin. Müssten Sie nicht das LIF wählen? Schließlich ist das die einzige Partei mit einer Spitzenkandidatin.

Prammer: Aber das ist ja nicht der einzige Grund, warum man eine Partei wählt. Die SPÖ ist und bleibt die Frauenpartei.

Standard: Vor der letzten Wahl war das Ziel 40 Prozent Frauen im SPÖ-Klub. Sollen es diesmal schon 50 Prozent sein?

Prammer: Wir haben ein Statut, das eingehalten werden muss - nämlich mindestens 40 Prozent Frauen und mindestens 40 Prozent Männer. Dazwischen ist es variabel. Aber wir werden sicher auf der Bundesliste und auf einigen Landeslisten das Reißverschlussprinzip anwenden. Wir bewegen uns also dorthin.


Standard: Bei der Teuerungsdiskussion ist der Frauenaspekt nicht wirklich Thema. Wie schauen Ihre Forderungen aus?

Prammer: Man muss einfach dazusagen, dass das Thema Teuerung wirklich ein Frauenthema ist. Wenn man weiß, dass Frauen oft niedrige Einkommen beziehen und öfter als Männer an der Armutsgrenze sind, dann weiß man, wer die großen Probleme mit der Teuerung hat. Daher ist jede Entlastung eine Frauenmaßnahme. Wenn Werner Faymann ein Vorziehen der Steuerreform auf 2009 verlangt, ist das eine Frauenmaßnahme. Ganz wichtig wird auch sein, dass man mit der Negativsteuer (eine Art Steuergutschrift, Anm.) arbeitet, um auch kleine Einkommen zu entlasten.

Standard: Bleiben wir bei der Steuerreform. Was sind Ihre frauenpolitischen Anliegen?

Prammer: Eine große Steuerreform wird sicher mehrere Maßnahmen brauchen, die Frauen zugutekommen. Wir müssen uns die Familienbeihilfen anschauen, die müssen dringend erhöht werden. Außerdem zeigt sich, dass die Bezieher der Familienbeihilfe - wie das früher war - viel zu oft die Väter sind. Ich trete dafür ein, dass wir hier gesetzlich nachschärfen.


Standard: Das heißt, es soll immer an die Frauen überwiesen werden?

Prammer: Genau. Nur bei einigen Ausnahmen soll das nicht der Fall sein.

Standard: Man hat den Eindruck, die SPÖ will dem Ausländerthema im Wahlkampf aus dem Weg gehen und nicht wirklich auf eine Konfrontation mit der ÖVP setzen ...

Prammer: Ich kenne die Entwürfe unseres Wahlprogramms. Das wird bei uns ein wichtiges Thema sein. Ich stehe dazu, dass wir unsere ausländischen Mitbürger nicht in ein Eck stellen dürfen, wie das andere tun. Was derzeit abläuft - mit der Verschiebung und Verschickung von Asylwerbern - ist menschenunwürdig.


Standard: Innenministerin Fekter will anerkannte Flüchtlinge schon bei leichteren Delikten abschieben.

Prammer: Für mich ist das nicht vorstellbar. Das ist aber nicht das Hauptthema. Man tut ja so, als ob jeder Asylwerber straffällig wäre. Das ist, was mich so sehr stört. Jene, die redlich hier sind und es nicht leicht haben, werden völlig ausgeblendet.

Standard: Sie haben sich wiederholt für Änderungen beim Fremdenrecht ausgesprochen. Soll es nach der Wahl entschärft werden?

Prammer: Es gibt sowieso Handlungsbedarf, da der Verfassungsgerichtshof Teile des humanitären Niederlassungsrechts aufgehoben hat. Und auch die Probleme der binationalen Paare stehen für mich ganz oben auf der Prioritätenliste.

Standard: Sollen die Schubhaftbedingungen verbessert werden?

Prammer: Dazu braucht es keine gesetzlichen Änderungen. Das muss man nur machen, zum Beispiel per Verordnung.

Standard: Wie soll man mit seit Jahren integrierten Flüchtlinge umgehen? Bedarf es eines Bleiberechts?

Prammer: An unserer Position hat sich nichts geändert. Wer schon sehr lange hier ist - wir haben von fünf Jahren gesprochen - und bestimmte Kriterien wie Integration, Sprache, berufliche Aussichten erfüllt, soll ein Bleiberecht ohne weitere andere Schritte bekommen. Für die Zukunft müssen wir schauen, dass Entscheidungen rascher fallen. Wir werden sehen, was der neue Asylgerichtshof bewirkt.

Standard: Nochbundeskanzler Alfred Gusenbauer war aber gegen ein automatisches Bleiberecht.

Prammer: Man kann diskutieren, ob das ein Automatismus wäre, weil man sich ja trotzdem jeden Fall anschauen muss. Das wäre aber Wortklauberei.

Standard: Möchten Sie Nationalratspräsidentin bleiben?

Prammer: Ich bin zuversichtlich, dass wir mit unserem Programm und unseren Personen einen guten Wahlkampf machen. Ziel ist natürlich Platz eins. Wenn wir das erreichen, habe ich gute Chancen, weiterhin als Nationalratspräsidentin wirken zu können. (Das Gespräch führte Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 28.7.2008)