Der Dachdecker im Nachbarhaus schwankt zwischen Wut und Verzweiflung: Sein Geschäftslokal ist täglich verparkt - trotz, oder gerade wegen der zwei Halteverbotsschilder, die davor stehen. Fast alle Radfahrer, die in der Straße wohnen, haben die zwei Schilder auserkoren, um ihre Räder daran zu befestigen. Der Unternehmer bittet, droht, schimpft - allein, es ändert wenig. In diesem Straßenabschnitt mitten in Wien gibt es keinen Fahrradständer. Die Bezirksvertretung bedauert, im Rathaus gibt man sich nicht zuständig und die Radfahrer parken weiter, wo immer sich eine Stange zum Anhängen findet.

Das kleine Beispiel zeigt das größere Problem auf: Immer mehr Wiener (und auch Salzburger, Linzer und Grazer) leisten ihren Beitrag zu Klimaschutz und Gesundheitsvorsorge, indem sie ihre täglichen Wege per Bike erledigen. Die Stadtverwaltungen beschäftigt das recht wenig. Zwar sind die Radwegenetze in den letzten Jahren ausgebaut worden - doch noch immer hapert es vielerorts am Bekenntnis dazu, dass die natürliche Fortbewegungsart in der Stadt nicht zwangsläufig die mittels Auto ist. Parkplätze sind wichtiger als Fahrradständer, die Flüssigkeit des Autoverkehrs ist nach wie vor ein heißes Thema heimischer Verkehrspolitik.

Als fahrradfreundlichste Stadt gilt derzeit Salzburg, wo auf den Fahrbahnen geradelt werden darf, ziemlich schlecht weg kommt dagegen Wien, wo sich auf viel zu schmalen Radwegen viel zu viele Verkehrsteilnehmer drängen. Die Begeisterung der Wiener für ihr Rad steigt von Jahr zu Jahr, die Unzufriedenheit mit den Bedingungen ebenso. Da sollte man im Wiener Rathaus langsam zu strampeln beginnen. (Petra Stuiber, DER STANDARD - Printausgabe, 30. Juli 2008)