Österreichs Forschungspolitiker arbeiten noch an der Strategie für einen geordneten "Brain Gain".

Illu.: Fatih

Akademiker dringend gesucht: Bis 2010 soll es jährlich eine Lücke von rund 1000 Absolventen in den 15 meistgesuchten Studienrichtungen - allen voran eben Maschinenbau, Elektrotechnik und Werkstoffwissenschaft - geben. Das prognostiziert eine Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft.

"Im Vergleich zur Bedeutung, die Forschung und Innovation heute für den Wohlstand eines Landes haben, bleibt das Interesse an diesen Studienzweigen hinter der Nachfrage zurück", sagt Wolfgang Haidinger von der Industriellen Vereinigung (IV), wo er unter anderem für Forschung und Entwicklung und den wissenschaftlichen Nachwuchs zuständig ist.

Es brauche eine Kombination aus Nachwuchssicherung von innen - Schule, Hochschule, Frauenförderung -, aber auch Attraktivitätssteigerung nach außen, um den Zuzug qualifizierter Kräfte aus dem Ausland, den sogenannten Brain Gain, zu gewährleisten. "60 Prozent der Unternehmen suchen bereits im Ausland nach F&E-Mitarbeitern."

Dass es hierzulande aber gerade an einer durchgängigen Strategie, Höherqualifizierte nach Österreich zu holen, mangle, stellt Marita Haas vom Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien fest. Sie hat im Auftrag des Rates für Forschung und Technologieentwicklung die vergleichende Studie "Humanressourcen in Österreich" verfasst.

Übersiedeln vereinfachen

Bei der Migration zeige sich, "dass der Wunsch nach Hochqualifizierten derzeit weder durch den Bereich der vorangegangenen noch durch den Bereich der zukünftigen Migrationsbewegungen erfüllt werden kann", schreibt die Autorin. Und: "Nach wie vor hindern administrative und gesetzliche Hürden ausländische Akademiker am Übersiedeln nach Österreich."

Eine Tatsache, die auch dem Wissenschaftsministerium bekannt ist. "Das Ministerium hat keine Kompetenz für die Vollziehung des Fremdenrechts, des Asylrechts oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes", sagt Bernhard Varga, zuständig für Rechtsfragen und Rechtsentwicklung. "Wir haben uns aber mit dem Innenministerium zusammengesetzt und über diverse Dinge diskutiert", erzählt er weiter.

Die wichtigsten Ergebnisse dieser Verhandlungen: "Forscher aus Drittländern müssen kein polizeiliches Führungszeugnis mehr vorweisen, Anträge zum Fremdenrecht erfolgen jetzt über die Ämter der Universitäten, und die Anträge von Forschern, aber auch Studierenden werden schnell und dringlich bearbeitet", fasst Varga zusammen. Und: "Das Ausländerbeschäftigungsgesetz wurde mit 1. Jänner 2008 dahingehend abgeändert, dass auch Angehörige von Forschern in Österreich berufstätig werden können." Das kommt nicht zuletzt jenen Forschungsgebieten zugute, in denen es einen regen internationalen Austausch gibt - wie im Bereich der Life Sciences. "Wir rekrutieren ausschließlich international", sagt Harald Isemann, administrativer Direktor des Forschungsinstituts für molekulare Pathologie IMP. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter am Institut kommen aus 30 Nationen.

Er weiß: "Es reicht nicht, Wissenschaftern ein gutes Gehalt zu zahlen, um sie ins Land zu locken." Auch die familiäre Situation spiele, neben den Rahmenbedingungen für die Forschungsarbeit, eine immens wichtige Rolle.

Zudem gibt es vonseiten des Infrastrukturministeriums mittels sogenannter Grants Bemühungen, Forscher ins Land zu bringen. "Brainpower Austria" heißt die Initiative, die beispielsweise mittels eines "Relocation Grants" Wissenschafter finanziell bei ihrem Umzug nach Österreich unterstützt.

Der Mathematiker Bruno Buchberger, Leiter des Softwareparks Hagenberg, setzt bei der Rekrutierung seiner Studenten für das International Master's Program for Informatics dagegen auf persönlichen Kontakt zu den potenziellen Studenten.

Das Programm wurde ins Leben gerufen, um in den Brain Gain zu investieren. Mit Erfolg, wie er behauptet: 35 Studenten aus zehn Ländern, darunter unter anderem Ägypten, China, Bulgarien, konnte er heuer nach Hagenberg holen. Von den neun Studenten, die er vergangenes Jahr als "Experimentiergruppe" rekrutiert hatte, gründet einer mittlerweile ein Unternehmen in Österreich. (Markus Böhm/DER STANDARD, Printausgabe, 30.7.2008)