Manila/Wien - Es sollte ein historischer Durchbruch werden. "Gott sei Dank, es ist vorbei" , äußerte sich Regierungsvertreter Rodolfo Garcia vor zwei Wochen noch erleichtert. Nach vier Jahren harter Friedensverhandlungen hätten sich die philippinische Regierung und die Führung der Rebellengruppe Moro Islamic Liberation Front (MILF) schlussendlich geeinigt: Die Muslime im Süden der Philippinen sollten mehr politische und wirtschaftliche Autonomie erhalten. Es fehlte nur noch die feierliche Unterzeichnung des Friedensabkommens. Doch die Feierstimmung fand ein jähes Ende, als die MILF vor einer Woche aus dem Friedensprozess austrat.

Von einer "langen Geschichte der Frustration" spricht Philipp Bück vom Philippinenbüro des Asienhauses Essen. Der gewaltsame Konflikt zwischen muslimischen Separatistengruppen und der Zentralregierung in Manila besteht bereits seit drei Jahrzehnten. Insgesamt sind drei Gruppierungen in der südlichen Provinz Mindanao aktiv, neben MILF die Moro National Liberation Front (MNLF) und die Terrororganisation Abu Sayyaf. Ziel war es ursprünglich, einen unabhängigen islamischen Staat zu schaffen. Mittlerweile fordern moderate Kräfte nur noch Autonomie, so auch die Führung der MILF.

Chancen auf Frieden gering

Ein Abkommen von 1996 mit der MNLF existiert bereits. Es führte zur Bildung einer autonomen, muslimischen Region. Kernpunkt der jüngsten Gespräche mit der MILF war die Ausweitung des Gebietes um weitere fünf Provinzen. Endgültig hätte dieEntscheidung mit einer Volksabstimmung in den betroffenen Regionen fallen sollen.

"Es gibt zahlreiche Hürden, die noch bewältigt werden müssen" , meint John Virgoe, Projektleiter der International Crisis Group in Südostasien. Erst dann könne es zu einer Einigung kommen. Die Regierung habe bereits zugesicherte Angebote wieder rückgängig gemacht, was der Grund für den Rückzug der MILF aus dem Prozess gewesen sei.

Ein vollständiger Zusammenbruch der Friedensgespräche hätte laut dem Experten Bück gravierende Folgen. "Es gibt für die MILF entweder eine politische Lösung oder weiterhin den bewaffneten Kampf" , meint er. Auch in den südlichen Provinzen selbst gibt es Befürchtungen, dass sich der Konflikt bei einer fehlenden Einigung intensivieren könnte.

"Es ist nicht klar, wie ernst die Regierung die Gespräche nimmt" , meint Virgoe. Präsidentin Gloria Arroyo ist politisch geschwächt, was Zweifel hervorruft, ob sie mögliche Vereinbarungen überhaupt durchsetzen kann. In Manila herrscht Uneinigkeit zwischen Befürwortern eines Abkommens und Hardlinern, die um ihre Macht fürchten. Hinzu kommt, dass Gouverneure der betroffenen Provinzen Protest gegen eine Eingliederung in ein muslimisches Autonomiegebiet geäußert haben. Insgesamt sind die Gespräche zwischen Regierung und Rebellen von wenig Vertrauen geprägt. Die Aussichten auf baldigen Frieden im Süden sieht Virgoe "pessimistisch". (Marina Wetzlmaier/DER STANDARD, Printausgabe, 31.7.2008)