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Da im Gerichtssal nur 40 Zuseher zugelassen sind, verfolgte der Großteil der Journalisten Karadzics Auftritt im Pressezentrum

Der ehemalige Präsident der Republika Srpska, Radovan Karadzic, hat nach eigenen Angaben feste Zusagen vom früheren US-Unterhändler Richard Holbrooke erhalten, dass er nicht vom UNO-Kriegsverbrechertribunal verfolgt werde. Im Namen der USA habe Holbrooke ihm zugesichert, dass "ich nicht vor dieses Gericht gestellt werden sollte", heißt es in einer schriftlichen Erklärung Karadzics, die am Freitag am Sitz des UNO-Tribunals für Ex-Jugoslawien in Den Haag verbreitet wurde.

Der amerikanische Balkan-Beauftragte Holbrooke habe die Strafverschonung 1996 vor "Ministern und Staatsmännern" erklärt, die ihn vertreten hätten, so Karadzic. Offenbar handelt es sich bei der am Freitag veröffentlichten Erklärung um einen Schriftsatz, den Karadzic am Donnerstag bei seinem ersten Auftreten vor dem Tribunal vorlesen wollte. Der vorsitzende Richter Alphons Orie hatte dies jedoch unterbunden.

USA dementieren

Die USA haben Karadzics Äußerungen zurückgewiesen. "Botschafter Holbrooke und wir haben mehrfach klar gemacht, dass niemals eine Vereinbarung getroffen wurde, in welcher Radovan Karadzic Immunität von Strafverfolgung oder Haft angeboten wurde", erklärte US-Außenamtssprecher Sean McCormack.

Auch Holbrooke selbst bestritt am Donnerstag, mit Karadzic eine Absprache über dessen Immunität getroffen zu haben. Karadzic, dem u.a. Völkermord im Bosnien-Krieg (1992-95) zur Last gelegt werden, habe schon bei seinem Untertauchen eine Mitteilung verbreitet, wonach die USA mit ihm vereinbart hatten, er werde nicht verfolgt, wenn er verschwinde. "Das war eine völlig falsche Behauptung", sagte Holbrooke dem Fernsehsender CNN.

Abkommen von Dayton beendete den Bosnien-Krieg

Holbrooke war an den Abkommen von Dayton, die den Bosnien-Krieg 1995 beendeten, maßgeblich beteiligt. Karadzic hatte vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erklärt, die USA hätten ihm im Gegenzug zu seinem Rückzug aus dem politischen Leben Schutz vor Verfolgung durch das Tribunal zugesichert.

Am Freitag berichteten die bosnisch-serbische Zeitung Kurir und der iranische Fernsehsender Press TV jeweils exklusiv, dass sie Beweise für die Existenz der Holbrooke-Karadzic-Vereinbarung hätten. Der Kurir gibt an, dass das Dokument der Redaktion vorliege, Press TV beruft sich auf ein Interview mit dem ehemaligen bosnischen Außenminister Mohammad Sacirbey.

Karadzic habe schon bei seinem Untertauchen eine Mitteilung verbreitet, wonach die USA mit ihm vereinbart hatten, er werde nicht verfolgt, wenn er verschwinde, sagte Holbrooke am Donnerstag im Fernsehsender CNN. "Das war eine völlig falsche Behauptung." Er habe mit Karadzic "ein sehr schwieriges Abkommen ausgehandelt", sagte Holbrooke. "Er musste sich umgehend von seinen zwei Posten als Präsident des serbischen Teils Bosniens und als Chef seiner Partei zurückziehen. Das hat er getan."

"Schwerer Fehler"

Holbrooke bezeichnete es am Donnerstag als "schweren Fehler", dass Karadzic nicht während der Stationierung der NATO-Truppen in Bosnien festgenommen worden sei. "Er hätte verhaftet werden müssen. Sein grüner Mercedes war sechs Monate lang jeden Tag vor seinem Büro geparkt. Der damalige NATO-Kommandant weigerte sich, ihn zu verhaften, obwohl er die Autorität hatte. Das war ein schwerer Fehler", kritisierte Holbrooke.

Der US-Diplomat bezeichnete Karadzic als "intellektuellen Architekten" des Völkerhasses im ehemaligen Jugoslawien. "Von allen teuflischen Männern des Balkans ist er der schlimmste", sagte Holbrooke. (red/APA)