Die Kunstsammlung für ein von Adolf Hitler geplantes Kunstmuseum in Linz ist ab sofort im Internet zu besichtigen. Das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin stellte eine Bild-Datenbank zum "Sonderauftrag Linz" vollständig ins Netz, wie Sprecher Rudolf Trabold am Freitag sagte. Unter http://www.dhm.de/datenbank/linzdb/ sind Bilder, Skulpturen, Möbel, Porzellan und Tapisserien zu sehen, die der Diktator und seine Beauftragten vom Ende der 30er Jahre bis 1945 für das Kunstmuseum kauften oder aus beschlagnahmten Besitz übernahmen.

4.731 Werke

Insgesamt sind in der Datenbank 4.731 Werke zu sehen. Dazu gibt es Informationen zu Vorbesitzern und Verbleib. Diese zahlenmäßig kleine, gleichwohl aber wichtige Sammlung beschreibe in einem Teilsegment die NS-Kunstpolitik, sagte Trabold. Man hoffe auf diese Weise, bei der Ermittlung von bis heute ungeklärtem Kunstraub hilfreich zu sein. Das DHM stellte die Datenbank in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) ins Netz.

Hitler plante den Angaben zufolge für nach dem Krieg ein Kunstmuseum in Linz. Es sollte Werke der großen Meister des 15. bis 19. Jahrhunderts zeigen. Hitler, der bei der Aufnahmeprüfung der Wiener Kunstakademie gescheitert war und als Postkartenzeichner arbeitete, galt als Liebhaber der deutschen und österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts.

Aufgelöst

Die Herausgeber der Datenbank - Angelika Enderlein, Monika Flacke und Hanns Christian Löhr - erklärten, um seine ehrgeizigen Pläne für ein Kunstmuseum realisieren zu können, habe Hitler am 21. Juni 1939, kurz vor Kriegsbeginn, den "Sonderauftrag Linz" gegründet. Von ihm ernannte Sonderbeauftragte hätten Hunderte von Kunstwerken gesammelt, die sie auf dem internationalen Kunstmarkt erwarben oder beschlagnahmten jüdischen Sammlungen entnahmen. Bis 1945 seien mindestens 567 Werke aus solchen Beschlagnahmungen zum Sonderauftrag gekommen.

Mit dem Ende des Krieges hätten die alliierten Siegermächte die Sammlung aufgelöst, sich bemüht, die Verbrechen des Kunstraubes in Ost und West aufzuarbeiten und die Werke in die Herkunftsländer zurück zu übertragen. Die Kunstwerke seien in vielen Fällen jedoch nicht automatisch an ihre ursprünglichen Besitzer zurückgegeben worden, wenn sie nach damaligem Rechtsverständnis nicht als geraubt gegolten hätten.

In der "Washingtoner Erklärung" von 1998 hätten sich öffentliche Einrichtungen in 44 Ländern verpflichtet, ihre Kunstbestände zu überprüfen. Damit habe eine erneute systematische Untersuchung der im Zeitraum von 1933 bis 1945 erworbenen Werke begonnen.

Raubkunst

Die Wissenschafter wiesen darauf hin, dass bei allen von den Nazis angekauften Werken die Möglichkeit bestehe, dass sie aus beschlagnahmten Vermögen stammten oder unter Zwang verkauft werden mussten. Es könne also durchaus sein, dass vom Kunsthandel verkaufte Bilder aus unrechtmäßig entzogenem Vermögen stammten.

Der deutsche und internationale Kunstmarkt habe in den Jahren von 1933 bis 1945 von den Verkäufen jüdischer Bürger profitiert, die aus Deutschland und den besetzten Gebieten fliehen mussten. In welchem Maße dabei solches durch den Kunsthandel weitergereichtes "Fluchtgut" auch in der Sammlung des "Sonderauftrages Linz" inventarisiert worden sei, werde die Forschung in den nächsten Jahren beschäftigen. (AP)