Wien - Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien hat am Freitag einstimmig grünes Licht für den Atompakt zwischen Indien und den USA gegeben - doch der Deal bleibt umstritten. Skepsis kommt auch aus Österreich, das laut Angaben westlicher Diplomaten die Abschwächung eines gemeinsamen EU-Statements noch kurz vor Beginn der IAEO-Sitzung durchsetzte.
Abgesegnet hat die Behörde ein Abkommen über zukünftige IAEO-Inspektionen indischer Nuklearanlagen - eine wichtige Hürde auf dem Weg zu der geplanten Nuklearkooperation, die einer Anerkennung Indiens als Atommacht gleichkommt. Das Land ist dem Atomwaffensperrvertrag nie beigetreten und war über 30 Jahre vom internationalen Nuklearmarkt ausgeschlossen. Mit dem Pakt wird Indien wieder Nukleartechnologie und Brennstoffe für sein ziviles Atomprogramm importieren können.

Die IAEO soll die zivilen - nicht die militärischen - Nuklearanlagen überwachen. Neu-Delhi kann selbst bestimmen, welche Anlagen es als zivil deklariert. Auch daran stoßen sich Wien und andere Kritiker. Österreich sehe es "grundsätzlich als Fortschritt an, dass die IAEO auf der Grundlage dieses Abkommens in Indien erstmals umfassendere Kontrollen vornehmen kann" , hieß es in einer Erklärung des Außenamts. Wien fordere aber zusammen mit anderen Staaten, dass "rasch und rechtlich verbindlich festgehalten wird, welche zivilen Nuklearanlagen konkret der IAEO-Kontrolle unterstellt werden sollen".

Bei der Formulierung der EU-Erklärung bestand Österreich nach Angaben europäischer Diplomaten vor allem darauf, das Inspektionsabkommen nicht explizit im Namen der gesamten EU zu unterstützen. Auch mit der Einschätzung, das Abkommen stärke das internationale Regime zur Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen, habe Österreich Schwierigkeiten gehabt. Dieser Punkt findet sich in dem von Frankreich vorgetragenen Statement der Union.

IAEO-Chef Mohamed ElBaradei begrüßte die Entscheidung des IAEO-Gouverneursrats. "Ich glaube, das Abkommen ist gut für Indien, für die Welt, für die Nichtweiterverbreitung " , erklärte er vor Journalisten.

Als nächster Schritt muss die Nuclear Suppliers Group (NSG) dem Abkommen zustimmen. Die Gruppe von 45 Lieferstaaten von Atomtechnologie hat den Handel mit Nichtmitgliedstaaten des Atomwaffensperrvertrags bisher verboten. (Julia Raabe/DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.8.2008)