Die Grünen haben Personalsorgen. Wieder einmal. Monatelang hieß es, es brauche mehr Junge in der Partei, mehr Quereinsteiger. Da gehöre frischer Wind hinein. Nun kommt die Klage von der anderen Seite. Behindertensprecherin Theresia Haidlmayr schmeißt alles hin, will für die kommende Nationalratswahl Ende September nicht mehr kandidieren. Und die Entscheidung sei "absolut keine freiwillige" gewesen, sagt sie. Eine Antwort darauf, wer sie zu diesem Schritt veranlasst hat, bleibt Haidlmayr schuldig.

Klar ist: Leicht hätte sie es Anfang September beim Bundeskongress nicht gehabt, wieder gewählt zu werden. Müsste sie doch zuerst eine Zulassungsabstimmung mit einem Zweidrittelquorum überstehen. Das gilt für andere Kandidaten aber genauso. Und dass es vorweg Absprachen gibt, ist in Parteien Usus, wohl auch bei den Grünen. Das dürfte Haidlmayr nicht neu sein - sie ist seit 1994 Abgeordnete.

Der Fall der - nun wohl ehemaligen - Behindertensprecherin macht die Diskrepanz deutlich, in der die Grünen stecken. Alte halten und Neue suchen geht nur bei stetigem Wachstum. Das hat auch lange funktioniert, die Öko-Partei legte von Wahl zu Wahl zu. Das ist jetzt nicht mehr so gewiss, wie die vergangene niederösterreichische Landeswahl gezeigt hat. Auch in diesem Bereich werden die Grünen also zu einer normalen Partei.

Alter und Erfahrung allein genügen nicht mehr, um quasi pragmatisiert auf einem grünen Ticket im Nationalrat zu sitzen. Wer glaubt, gute Arbeit geleistet zu haben, muss sich mehr denn je der Grünen-Basis stellen - und diese von sich überzeugen. Haidlmayr hätte sich der Wahl stellen sollen. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.8.2008)