Links oder rechts? Die klassische Mann-Frau-Einteilung kennt keinen Mittelweg. TransPersonen wird es schwer gemacht, zu ihrem Selbstbild zu stehen - besonders am Arbeitsmarkt

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Sie heißt Johanna, doch ihre KollegInnen nennen sie "Johann". Sie kränkt sich, wehrt sich aber nicht, lässt es über sich ergehen, bis sie schließlich kündigt. Am neuen Arbeitsplatz heißt sie für alle Johanna. Günther benutzt immer das Männerklo, weil niemand wissen darf, dass sie sich eigentlich als Frau fühlt. Ihr bleiben die offenen Kränkungen erspart, dafür quält Günther sich im Stillen.

Angst vor Mobbing

Johanna und Günther sind Transgender-Personen. Mit dem Geschlecht, das man ihnen nach der Geburt zuteilte, identifizieren sie sich nicht. Manchmal wissen ihre FreundInnen  das und respektieren es. Schwieriger wird es, wenn es ums Arbeitsleben geht: Laut den – vorläufigen – Ergebnissen einer vom Arbeitsministerium finanzierten Studie zur Situation von TransPersonen am Arbeitsmarkt, die im September präsentiert werden soll, leben 50 Prozent der berufstätigen Transgender-Personen in Österreich ihre Geschlechtsidentität nicht immer aus, und die Hälfte von ihnen nennt den Job als Grund dafür. Aus Angst vor Mobbing, Karrierehindernissen oder Jobverlust verstecken sie ihr wahres Ich. Und immerhin 29 Prozent der Befragten haben wegen ihres Transgender-Seins bereits den Job gewechselt – zum Teil, weil sie nach dem Outing oder der medizinischen Geschlechtsangleichung von den Vorgesetzten dazu gedrängt wurden.

Unsichtbares Geschlecht

Das größte Problem der TransPersonen sei ihre Unsichtbarkeit, glauben Persson Perry Baumgartinger und Vlatka Frketić vom Verein Diskursiv, der die Studie durchführt. In einer Umwelt, die nur zwei Zustände kennt, nämlich "Mann" und "Frau", und diese Zustände als lebenslang gültig annimmt, bleibt für Menschen, die sich hier weniger absolut festlegen wollen, kaum noch Raum. Baumgartinger und Frketić wollen mit dieser Studie Diskriminierungen von TransPersonen am Arbeitsmarkt aufzeigen.

Denn von Gleichberechtigung kann keine Rede sein, solange Transgender-Sein immer noch als Krankheitsbild gewertet wird: "Transsexualismus" ist eine von mehreren Diagnosen, die der international verwendete Krankheits-Klassifikationsregister ICD-10 unter "Störung der Geschlechtsidentität“ für Transgender-Menschen vorsieht.

Bürokratischer Hürdenlauf

In Österreich sind Betroffene sogar verpflichtet, sich fachärztlich in das "Krankheitsbild" Transsexualismus einordnen lassen, sich danach einer Psychotherapie, mehreren Untersuchungen und medizinischen Behandlungen zu unterziehen, bevor sie offiziell ihren Namen und den Geschlechtseintrag ändern dürfen. Das verschlingt Zeit und Geld, gibt den Betroffenen aber trotzdem nicht das Recht, etwa ihre Diplome auf ihren neuen Namen umschreiben zu lassen - im Berufsleben ein entscheidendes Handicap. "Für eine Person, deren Aussehen nicht mit dem eingetragenen Geschlecht übereinstimmt, ist es nicht einfach, eine Arbeit zu finden", sagt Vlatka Frketić.

Ganz neu anfangen

Überrascht sei sie darüber gewesen, wie viele TransPersonen im Fragebogen angegeben hätten, ihr Outing sei völlig problemlos verlaufen – und die wenig später anführten, zeitgleich zum Outing den Job gewechselt zu haben, um in der neuen Arbeitsumgebung "ganz neu anzufangen", sagt Frketić.
Die Studie bestätigte auch die Vermutung, dass TransPersonen  häufig von Mobbing betroffen sind. Das gehe von Erniedrigungen der TransFrauen durch  KollegInnen, die argumentierten, diese seien "ja gar keine richtigen Frauen", bis hin zu tagtäglichen Verleugnungen ihrer Geschlechtsidentität – zum Beispiel, dass Betroffene "auf das Klo ihres Geburtsgeschlechts gehen müssen", erklärt Baumgartinger. Andere hätte man nach dem Outing "zu Arbeiten verdonnert, für die sie klar überqualifiziert sind", wieder andere hätten sich anhören müssen, dass sie nun "besser nicht mehr mit Kindern arbeiten" sollten. Auffällig sei auch gewesen, dass sich TransFrauen und –Männer besonders oft verbalen sexuellen Übergriffen und unpassenden Anspielungen ausgesetzt sehen, sagt Baumgartinger. "Da geht es im Gespräch gleich ganz schnell um bestimmte Körperteile."

Wie sich Betroffene gegen solche Übergriffe oder Diskriminierungen in der Arbeitswelt zur Wehr setzen können, sei ein wichtiger Teil der Forschungsarbeit, so die AutorInnen der Studie. Mitte September werden die endgültigen Befragungsergebnisse der von maiz in Auftrag gegebenen Studie präsentiert und auf der Diskursiv-Homepage abrufbar sein. (Maria Sterkl, dieStandard.at, 3.8.2008)