„Die CIA hat Radovan Karadžic beschützt", titelte die Belgrader Tageszeitung Blic. Spekulationen über das angebliche geheime Abkommen zwischen Karadžic und den USA bieten eine Erklärung dafür, wie sich Karadžic jahrelang in Bosnien trotz der Präsenz der Nato unbehelligt bewegen konnte, vor allem in den amerikanischen und französischen Schutzzonen.

Das Bestehen des Arrangements haben mehre Funktionäre der bosnischen „Republika Srspska" (RS) schon früher bestätigt. „Ich weiß es aus erster Hand. Ich war dabei", behauptet der ehemalige Außenminister der RS, Aleksa Buha. In der Nacht zwischen dem 18. und 19. Juli 1996 hätte sich Karadžic in Belgrad mit dem damaligen US-Balkanunterhändler Richard Holbrooke darauf geeinigt, sich für immer aus der Politik und der Öffentlichkeit zurückzuziehen.

Dafür versprach Holbrooke, dass das UN-Tribunal in Den Haag die Finger von Karadžic lassen würde. Anwesend sollen damals auch der Präsident Serbiens, Slobodan Miloševic, und der Parlamentspräsident der RS, Momcilo Krajisnik, gewesen sein. Karadžics Rücktritt war eine Bedingung dafür, dass seine „Serbische Demokratische Partei" (SDS) nicht verboten wird, erzählt Buha. Nachdem Karadžic das Dokument unterzeichnet hatte, soll Holbrooke wörtlich gesagt haben: Die SDS darf an den Wahlen teilnehmen, dafür ist das Tribunal für Karadžic Geschichte.

Über die Existenz des Deals spricht auch der ehemalige Außenminister und UN-Botschafter Bosniens, Muhamed Sacirbegovic-Sacirbej. Gegenüber der Zeitung Dnevni lis aus Mostar, erklärte er, dass ihm ein hoher US-Diplomat gesagt hätte, dass die USA Karadžic garantiert hätten nach seinem Rücktritt nicht verhaftet zu werden. Auch der slowenische Rechtspolitiker Zmago Jelinicic erzählte dem Standard, er habe das Dokument über den Deal gesehen. „Sogar Koštunica (der Ex-Premier Serbiens, Anm.) hat dieses Papier. Ich habe es in seiner Partei gesehen."

Zur Wende soll es im Jahr 2000 gekommen sein. Die CIA hätte angeblich ein Gespräch abgehört, in dem Karadžic der SDS Anweisungen gab, wie sie sich zu verhalten habe. Die Amerikaner sollen wütend gewesen sei, dass sie Karadžic an der Nase herumgeführt habe. Eine andere Erklärung ist, dass sich die USA bis zum Ende an das Abkommen gehalten hätten, der serbische Geheimdienst aber aus eigenen Interessen Karadžic gefasst hätte. (Andrej Ivanij aus Belgrad, awö, DER STANDARD, Printausgabe, 4.8.2008)