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Der STANDARD untersucht in mehreren Teilen, was bei dem brisanten Thema Fakt und Fiktion ist.

Ausländer sind kriminell. Genau wie Österreicher. Diese simple Erkenntnis wäre nicht interessant, wäre nicht Wahlkampf. So hat das Thema Fremde und Kriminalität an Brisanz gewonnen. Was stimmt, was Gerüchte sind, wird vom Standard in den kommenden Ausgaben analysiert. Fix ist, dass Fremde öfter zu Verdächtigen und verurteilt werden, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht (siehe Grafik). Die Statistiken sind aber tückisch. Bei der Zählung werden auch die von Touristen begangenen Delikte einbezogen. Bei der Berechnung, wie viele der Fremden straffällig werden, bleiben die rund 20 Millionen Touristen jährlich aber außen vor, was die Ergebnisse verfälscht.

Die überwiegende Mehrheit der Fremden lebt in jedem Fall unauffällig. Eklatant ist allerdings der Wert bei Asylwerbern: Fast jeder Dritte kommt mit dem Gesetz in Konflikt. Einzelne Nationen zeigen derartige Auffälligkeiten, dass die Polizei von geplanten Einschleusungen überzeugt ist. Nicht immer sind die Täter freiwillig dabei, wie Erich Zwettler weiß. "Es scheint bei westafrikanischen Tätern im Drogenbereich tatsächlich Täuschung und Erpressung zu geben", sagt der amtsführende Direktor des Bundeskriminalamtes.

"Wir haben mehrfach die gleiche Geschichte gehört. Den Menschen wird gesagt, sie können in Österreich um Asyl ansuchen und hätten bald gute Verdienstmöglichkeiten. Dann werden sie von Schleppern hierhergebracht. Nach kurzer Zeit werden sie kontaktiert, und es heißt, sie haben 18 Monate Zeit, die Schlepperkosten bis zu 25.000 US-Dollar zu bezahlen."

Die Betroffenen haben die "Wahl": Entweder die Schulden werden als Drogenverkäufer beziehungsweise Prostituierte abgearbeitet – oder der Familie daheim wird Gewalt angetan.

Komplexer wird die Lage bei den hier mit Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigungen lebenden Fremden. Deren Kriminalitätsrate liegt deutlich niedriger. Dennoch bleibt sie überproportional im Vergleich zum Bevölkerungsanteil. Wohl mit ein Grund: die deutlich schlechtere Lebens- und Einkommenssituation. Fast jeder vierte Fremde ist armutsgefährdet. Zum Vergleich: Nur knapp jeder zehnte österreichische Ein-Personen-Haushalt hat weniger als 900 Euro im Monat zur Verfügung, was die Grenze zur Armutsgefährdung definiert.

Bei den Konsequenzen für delinquente Asylwerber sind sich die Parteien recht einig – Abschiebung entweder sofort oder nach negativem Abschluss des Asylverfahrens (siehe unten). Bei den schon länger hier Lebenden gehen die Meinungen auseinander: von sofortiger Ausweisung bis Einzelfallprüfung. Dass das Thema wirklich zum Wahlschlager taugt, ist übrigens nicht sicher: Vor dem Urnengang im deutschen Bundesland Hessen hat CDU-Politiker Roland Koch massiv auf diese Karte gesetzt – und verloren. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 4.8.2008)