
Verteidigungsminister Juan Manuel Santos, ein enger Vertrauter Präsident Uribes, gab am Dienstag bekannt, dass die Personen, die das Armeevideo an die Öffentlichkeit brachten, bekannt seien und bestraft werden würden.
Bogotá/Bern - Der Missbrauch des Rotkreuz-Symbols bei der spektakulären Befreiungsaktion der früheren kolumbianischen Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt aus der Gewalt linker FARC-Rebellen war entgegen offizieller Angaben von Anfang an geplant. Dies geht aus einem Video von der Aktion am 2. Juli hervor, das der Fernsehsender RCN veröffentlichte. Darauf ist zu sehen, dass ein Mitglied des Befreiungskommandos das Symbol schon vor Beginn der Aktion trug. Die Regierung des rechten Präsidenten Alvaro Uribe geißelte die Veröffentlichung am Dienstag als möglichen "Landesverrat".
Direkt nach der Befreiung hatte die Regierung behauptet, es seien keine Symbole für die Täuschung der Rebellen missbraucht worden. Als dann zwei Wochen später erste Informationen über den Gebrauch des Rotkreuz-Symbols an die Öffentlichkeit gerieten, hatte Uribe erklärt, ein Soldat habe das Symbol "angesichts der großen Zahl an Rebellen aus Angst" spontan und entgegen ausdrücklicher Befehle benutzt. Zugleich entschuldigte er sich beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf.
Wahrheit, "wenn wir sie kannten"
Die kolumbianische Regierung versicherte, zunächst nichts über die vorsätzliche Verwendung des Emblems gewusst zu haben. Verteidigungsminister Juan Manuel Santos erklärte am Dienstag (Ortszeit) in San José de Guaviare, die Regierung habe die Verwendung des Rot-Kreuz-Zeichens durch verdeckt agierende Soldaten nicht erlaubt. Wenn sie allerdings darüber informiert gewesen wäre, hätte sie keine Einwände dagegen erhoben. Die Regierung von Präsident Alvaro Uribe habe immer die Wahrheit gesagt, "wenn wir sie kannten".
Nach offizieller Darstellung hatten sich Elitesoldaten bei der "Operation Jaque" (Aktion Schach) nach wochenlangen Proben Anfang Juli als Vertreter einer humanitären Organisation und als Mitglieder der marxistischen "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) ausgegeben. Die Bewacher von Betancourt und 14 weiteren befreiten Geiseln seien auf die Täuschung hereingefallen, die Geiseln sollten per Hubschrauber nur in ein anderes Rebellenlager geflogen werden. Tatsächlich aber war es der Flug in die Freiheit.
Missbrauch des Symbols gefährdet Helfer
Das Rote Kreuz verurteilte den Missbrauch des Symbols. Dies stelle eine Gefährdung für mögliche künftige Freilassungen von Geiseln in Kolumbien dar, weil es meist IKRK-Mitarbeiter sind, denen die Opfer übergeben werden. Auch das Leben von Journalisten werde durch den Missbrauch von Mediensymbolen gefährdet, betonte die Hilfsorganisation am Mittwoch.
Der Missbrauch des Rotkreuz-Symbols könnte auch Thema beim Besuch der Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey in Bogotá werden. Sie wird nach Angaben aus Bern bei einem Besuch am kommenden Montag mit Präsident Alvaro Uribe und Außenminister Jaime Bermúdez zusammentreffen. Außerdem solle es um die kolumbianische Kritik an der Schweizer Vermittlungsarbeit bei der Freilassung von FARC-Geiseln gehen.
Vorwürfe gegen Schweizer Vermittler
Hintergrund sind Vorwürfe der kolumbianischen Staatsanwaltschaft an den Schweizer Vermittler Jean-Pierre Gontard: Er soll demnach im Zusammenhang mit der Befreiung von Betancourt Partei für die Geiselnehmer der FARC-Guerilla ergriffen haben. Zudem soll Gontard den Rebellen bei einer anderen Geiselbefreiung im Jahr 2001 Lösegeld übergeben haben. Beides bestreitet das Schweizer Außenministerium.
Außer der missbräuchlichen Verwendung des Rotkreuz-Symbols zeigt das veröffentlichte Video auch, dass sich Soldaten bei der Befreiung als Journalisten des venezolanischen Fernsehsenders Telesur und des ecuadorianischen Fernsehens Ecuavisa tarnten. Beide Medien genießen bei den Rebellen ein gewisses Vertrauen und kündigten die Prüfung rechtlicher Schritte gegen die Verwendung ihrer Symbole an. (APA/dpa/sda)